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RE: Weshalb sich Berliner durch Poesie belästigt fühlen

#1 von Sirius , 25.01.2018 21:39

Adios «avenidas», oder: Weshalb sich Berliner durch Poesie sexuell belästigt fühlen
Hunderte Artikel und Gutachten beschäftigten sich mit der Frage, ob das Gedicht an der Berliner Alice-Salomon-Hochschule sexistisch sei. Nun soll es entfernt und gleichzeitig mit einer Gedenktafel geehrt werden.
Ein Gedicht gibt zu reden. In diesem Satz steckt schon eine kleine Sensation. Lyrik, ja selbst Hausfassaden-Lyrik, hat noch ein provokatives Potenzial. Das Gedicht «avenidas» des bolivianisc
h-schweizerischen Autors Eugen Gomringer steht an einer Fassade der Berliner Alice-Salomon-Hochschule.
Von hier strahlte es ins ganze Land. Hunderte Artikel und Gutachten beschäftigten sich in den vergangenen zwei Jahren mit der Frage, ob es sexistisch sei und ob eine allfällige Entfernung die Freiheit der Kunst gefährden würde. Die Schule hat sich diese Woche entschlossen, das Gedicht entfernen zu lassen.
Als der heute 93-jährige Gomringer «avenidas» 1950 schrieb, durfte man noch gleichzeitig über «Blumen» und «Frauen» dichten und am Ende sogar «einen Bewunderer» ins Spiel bringen. Heute gehört ein solches Gedicht natürlich in die Sparte Macho-Lyrik, auch wenn in ihm abgesehen von «Alleen» («avenidas») und «und» keine weiteren Wörter vorkommen. Auch dass das Gedicht in Spanisch geschrieben ist, hat es in den Augen vieler nicht entlastet.

avenidas
avenidas y flores
flores
flores y mujeres
avenidas
avenidas y mujeres
avenidas y flores y mujeres y
un admirador

Alleen
Alleen und Blumen
Blumen
Blumen und Frauen
Alleen
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer

https://www.nzz.ch/feuilleton/adios-aven...hlen-ld.1350865

Das also ist in Deutschland schon sexuelle Belästigung. In einem Land, in dem Menschenleben nichts wert sind, in dem man sich vom Lügen und Betrügen ernährt und sein Leben hauptsächlich mit dem Ignorieren von Zuständen verbringt, die normalen Menschen peinlich sind. Vielleicht hätte man Gomringer einfach nach guter deutscher Sitte deportieren sollen. Vielleicht auch mit den hunderten von Idioten, die jede noch so perverse Schweinerei in diesem Land abnicken, aber Poesie (wie schon bei Grass) für verwerflich halten.
Ich weiß nicht, irgendwie ist mir Berlin zu schäbig geworden, zu unmenschlich, zu bizarr doof, zu künstlich, zu verlogen, zu pervers. Deutsche halt.
Ja, ich schere sie wiedermal alle über einen Kamm, weil jede verschissenen deutsche Stadt Dreck am Stecken hat, weil es in ihr IMMER eine Gruppe dürftiger Leute gibt, die anderen das Leben schwer machen mit ihrer dreisten Kümmerlichkeit. Und weil sie immer damit durchkommen, weil die Masse, die das ändern könnte, bestenfalls „empört“ ist – das höchste emotionale Empfinden deutscher Bequemlichkeit.


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Sirius
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