Sturm
Tröstlich und vertrauensvoll senken sich die Zweige herunter, fast demütig und entschuldigend.
Ich stehe am Fenster und schaue auf das, was der Sturm übriggelassen hat. Von allem Fetzen mitgenommen, Fetzen zurückgelassen. Wie meine Texte, denke ich. Zurückgelassen habe ich sie, irgendwo, halb fertige Satiren ohne Pointe, Gedichte, die erst eine oder zwei Strophen haben, mangels Kreativität abgebrochen:
Die große Kunst des Reimens
bedarf auch die des Schleimens:
Man biedert sich den Worten an,
damit man sie auch reimen kann.
Hat sich was mit großer Kunst. Auf dem Tisch draußen die Blätter sind beweglicher als ich. Alles haben sie ertragen, die Pflanzen und Büsche, der Rosenbogen, das, was vom Sturm noch übrig blieb. Und doch scheint alles eine Ordnung zu haben, ein klagloses Vertrauen in die Naturgewalten, nur der Mensch will nicht Teil sein, sondern herrschen.
Manchmal bin ich traurig,
manchmal bin ich zornig,
manchmal albern wie ein Kind,
manchmal bin ich so, wie Menschen sind.
In meiner Umgebung bin ich, wenn ich allein bin, auch wie ein Sturm. Ich wirble die Worte und Sätze durcheinander, schreie sie an, mal verzweifelt, mal traurig, mal greife ich zornig nach ihnen, dann verabscheue ich sie. Sie sind der Spiegel meines Tuns, meiner Seele, sie stellen mich bloß.
,,dann wünsche ich mir ein Heim,
in dem ich immer bliebe.
Dann wünsche ich mir einen Reim
auf dich – auf Liebe.
Wortwaisen, von mir verlassen, Fragmente unruhiger Minuten, unzählige davon, manchmal erkenne ich kaum, dass sie von mir sind. Manchmal denke ich, nicht ich bin es, der die Worte zurücklässt, sondern es ist umgekehrt: Die Worte lassen mich zurück, färben mich wortkarg, „kurz vor stumm“, wie meine Liebste neulich sagte. Stumm zu sein ist schrecklich für einen Schreiber, der den Worten in seinem Kopf lauscht, die sich ohne ihn schweigend zu Gedanken formen, die er nicht niederschreiben kann.
In meinem Herzen ist ein Nest,
das darin Kinder wohnen lässt.
Und hier verstecken sich die Kleinen,
wenn sie vor Kummer manchmal weinen.
Ich stehe am Fenster und gehe nicht hinaus. Ich räume nicht auf, nicht die rausgerissenen Pfähle mit den Vogelhäuschen, nicht die Eimer und Stühle, nicht das Papier, nicht die Blätter und Blüten.
Ich hab keine Zeit, ich suche nach Worten.
Sirius
Reset the World!
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Und du hast sie gefunden.
Worte, die einen innehalten und an deinen Gedanken teilnehmen lassen.
Dein in sich gehender Text hat sehr viel Tiefe, strahlt gleichzeitig eine gewisse Ruhe aus.
Die Ruhe nach dem Sturm...
Eine ganz wunderbar beschriebene Gedankenwelt, Sirius, die ich sehr gerne besucht habe!
Jonny
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