System «wie beim Sonnenkönig» - Rufe nach Kirchenreformen
Die Missbrauchsstudie der katholischen Bischöfe hat Erschütterndes ans Licht gebracht. Experten fordern neue Strukturen für die Kirche. Konkret heißt das zum Beispiel: Priester müssen heiraten dürfen.
Kardinäle im Büßerhemd: «Erschüttert und erschrocken» sei er über die Ergebnisse der Studie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche, sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx.
Kirchliche Amtsträger müssten jetzt verstärkt auf «die dunklen Seiten» ihres Lebens und «des Lebens der ganzen Kirche» schauen. Der Kölner Erzbischof Rainer Woelki bezeichnete die Erkenntnisse kürzlich im Domradio als «schrecklich», er sei «persönlich zutiefst getroffen, ich schäme mich an dieser Stelle für meine Kirche».
Tatsächlich ist die Studie der Bischofskonferenz bemerkenswert. Sie beziffert Taten und benennt Gründe - in ungekannter Deutlichkeit und auf wissenschaftlicher Basis. Die Kirche wollte sich mit dieser vor mehr als vier Jahren in Auftrag gegebenen Studie Klarheit über das Ausmaß des Missbrauchs verschaffen - und die bekommt sie jetzt aufgedröselt auf 356 Seiten.
Zwischen den Jahren 1946 und 2014 sollen mindestens 1670 katholische Kleriker 3677 meist männliche Minderjährige missbraucht haben. In Kirchenakten habe man Hinweise auf den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen bei 4,4 Prozent aller Kleriker gefunden, die in diesem Zeitraum tätig gewesen seien und über die Akten vorgelegen hätten, sagt der Leiter der Studie, Harald Dreßing. Und er betont: Die Missbrauchsthematik sei keineswegs überwunden - das Risiko bestehe angesichts der Machtstrukturen der Kirche fort.
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