Jahrhundertcoup: Angriff auf Europas Steuerzahler
von Manuel Daubenberger, Karsten Polke-Majewski, Felix Rohrbeck, Christian Salewski, Oliver Schröm
Ganz oben, im 32. Stock des Skypers, einem Büroturm im Frankfurter Bankenviertel, hat man einen beeindruckenden Ausblick. Am Horizont ragt der Taunus an die Schleierwolken, und wenn man sich ganz dicht an die bodentiefen Fenster stellt und nach unten schaut, sind die Menschen auf den Straßen klein wie Ameisen. Es ist ein abgehobener Ort, dem normalen Leben ein Stück weit entrückt. Vielleicht ist er auch deshalb zum Tatort im wohl größten Steuerskandal aller Zeiten geworden.
"Wir sind die Genies, und ihr seid alle doof"
"Wenn man da oben arbeitet und auf die Welt nach unten schaut, dann sind die Menschen sehr klein, winzig. Wir haben da oben aus dem Fenster geguckt und haben gedacht: Wir sind die Schlausten, wir sind die Genies, und ihr seid alle doof." Der Mann, der das sagt, sitzt an diesem Tag nicht mehr ganz oben, sondern in einem kargen Kölner Loft. Er trägt eine Maske, damit er im Fernsehen nicht erkannt wird. Erst nach Zusicherung von Anonymität ließ er sich auf ein Interview ein, denn der Top-Insider aus der Phalanx der Steuerräuber ist der Hauptbelastungszeuge der Kölner Staatsanwaltschaft im wohl größten Steuer-Ermittlungsverfahren, das es je gab. 50 Millionen Euro hatte allein dieser Mann aus der Staatskasse erbeutet. Noch laufen die Ermittlungen, aber schon bald soll es die ersten Anklagen geben, und der Mann mit der Maske soll als Kronzeuge der Anklage dienen. So jemand macht sich keine Freunde, wenn er auspackt. Erst recht, wenn er hier erstmals vor die Öffentlichkeit tritt.
Mindestens 55,2 Milliarden Euro Schaden
Das ausführliche Interview ist Teil einer Recherche, die heute unter dem Titel "CumEx Files" weltweit veröffentlicht wird. 19 Medien aus zwölf Ländern haben sich unter Leitung des Recherchezentrums CORRECTIV zusammengeschlossen, um den organisierten Griff in die Steuerkasse durch komplizierte Aktiendeals, die unter anderem als Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte bekannt geworden sind, zu untersuchen. Das Ausmaß dieser in der Branche als "steuergetriebene Geschäfte" bekannten Deals war weitaus größer, als bisher angenommen. Betroffen sind neben Deutschland mindestens zehn weitere europäische Länder. Der Schaden beläuft sich auf mindestens 55,2 Milliarden Euro. Und die Bundesregierung unterließ es über Jahre, ihre europäischen Partner zu warnen, obwohl sie längst von dem Raubzug wusste. Aus Deutschland waren Panorama, ZEIT, ZEIT ONLINE sowie NDR Info an den Recherchen beteiligt.
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https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/...exfiles104.html
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