DIRK VON LOWTZOW ERZÄHLT
Ich errede mich
Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow hat mit „Aus dem Dachsbau“ einen Roman über die eigene Verdachsung geschrieben. Der gibt sich als Wörterbuch aus, und das ist gut so.
Tocotronic ist eine Band, mit der man alt werden kann, zumindest als Gleichaltriger, weil von „Freiburg“ bis „Unwiederbringlich“ jede ihrer Phasen schlüssig, glaubhaft und entlastend ist. Altern in Würde wurde für die Band schließlich geradezu zum Konzept, maßgeblich vorangetrieben von Frontmann Dirk von Lowtzow.
Der ist, selten genug, ein Poet vollen Umfangs: Dichter, Sänger, Komponist, Denker, Rezitator, Träumer, Einfaltgebieter, Sichverschwender an die Kunst. Zuletzt erfolgte die Abkehr Tocotronics vom Diskurspop und die Hinwendung zur biographischen Retrospektive. Negiert wird dabei auch die letzte, die ironisch-theoretische Distanz. Oder das alles ist Ironie der Ironie. Aus diesem Spiel kommt man nicht mehr heraus, ein Tanz zwischen zwei Spiegeln.
Erweitert wird die musikalische Selbstbeschau jetzt durch eine „Enzyklopädie“ literarisierter Erinnerungen Dirk von Lowtzows. Die mit Humor und Leichtigkeit in die Tiefe von Zeit und Traum ausgreifenden Miniaturen lassen sich erzähltechnisch am ehesten als Selbstgespräche charakterisieren, wobei sich der Autor als ans Licht gezerrter Verkriecher geriert. Und natürlich ist das alles so anspielungsreich, popversessen und selbstreflexiv, dass sich für diese Charakterisierung bereits ein eigener Eintrag im Buch findet: „Ich rede mich“, heißt es da. „Ich errede mich. Ich überrede mich. Ich rede mich in Trance.“ Es raubt den Schlaf, dieses „Laster“, dieses endlose „Anti-Gespräch“, es bleibt nur, weiterzumachen, bis der Schwindel einsetzt: „Den Schlaf erschwindeln.“
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https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/b...r-16039546.html
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