Sie ist weiblich!

Anders kann ich mir nicht erklären, warum jeder Philosoph und/oder jeder profane Spinner von der Schönheit der Wahrheit schwärmt. In Wirklichkeit ist die Wahrheit nämlich eher wahr als schön und häufig recht unschön. Und das ist die unschöne, bittere Wahrheit, selbst wenn Ihr das, aus mir unverständlichen Gründen, völlig anders sehen solltet.

Ich stelle mir die Wahrheit als ein kokettes Wesen vor, manchmal grell geschminkt, manchmal überhaupt nicht und ständig im Gehen begriffen, beinahe auf der Flucht vor allzu genauer Begutachtung. Sie neigt dazu, ständig hinter der nächsten Möglichkeit zu verschwinden, sich wie Supermann (ohne Telefonzelle, natürlich besitzt sie ein Handy im Dauergebrauch) hektisch (Na ja, einige Stunden braucht es schon, trotz Hektik) umzuziehen – als Wahrheit hat sie immer einen Rollkoffer dabei, nicht nur für böse Überraschungen, sondern auch für ihre Verkleidungen -, und völlig verändert wieder zu erscheinen. Die Wahrheit kann folglich nur weiblich sein.

Wenn die Wahrheit denn ein Weibsen ist, erklären sich die meisten Wunder wie von selbst. Z.B.: Warum sind die Lügen denn so viel erfolgreicher? Ganz klar: Die Wahrheit kann sich nicht entscheiden, was sie anziehen soll, die Lüge hingegen behält einfach die Klotten vom Vortag an und behauptet dann bei Nachfrage: ‚Aus Tradition’, und die Patina könne nur besser werden, das wäre so eine Art Echtheitszertifikat.

Die Wahrheit wiederum steht vor ihrem Rollkoffer und überlegt: Soll sie sich heute die karierte Schürze umbinden und als banale Wahrheit in Hauslatschen gehen? Oder doch lieber bequeme Jeans und Turnschuhe und als eine allgemeine? Nieten, Leder, Springerstiefel und Zwangsjacke als unangenehme? Push up für die versteckte? Gar keinen BH, aber ein dünnes Hemd für die offensichtliche? Ganz nackt, wegen der Unschärferelation und den Quanten?

Inzwischen hat die Lüge natürlich schon längst ihre Siebenmeilenstiefel an und wieder aus und das Tagewerk hinter sich. Sie schlendert herum und amüsiert sich über die Wahrheit, welche immer noch keine Entscheidung getroffen hat. (Ob sie sich heute als Erkenntnis im Nachthemd mit angepappten Flügeln verkleiden soll um den gerade tätigen Scribenten klsa inspirieren? Der hat es doch bitter nötig…)

Und das ist die Wahrheit über die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, sowahr mir der Gott der Lügner helfen mag – nur, Ihr werdet es nicht glauben -, den gibt es tatsächlich noch nicht.

Ich schlage also klsa als brauchbaren Namen vor. O.K.?

Also mir ist es wurscht, wie man Gott oder die Wahrheit benennen mag, ich tüte beides sowieso immer neu ein und mache dann meine Aufkleber drauf.
Wichtig ist nur, dass mir deine Satire gefallen hat, und das hat sie. Und das ist die Wahrheit.

Sirius

Meine Lüge hatte nichts anzuziehen und geht niemals nackt aus dem Haus, daher musst du mit der nackten Wahrheit vorlieb nehmen, klsa:
Deine schröckliche Wahrheit ist äußerst vergnüglich zu lesen!

Lieben Gruß
scrab

Ich hätte nie von mir gedacht, dass ich für Anerkennung so empfänglich bin. Dennoch Danke, obwohl Ihr mich damit in Richtung der neun Höllen Dantes führt.

Lieber klsa,

die Wahrheit als kokettes Geschöpf ( kokettiert sie wirklich oder kommt sie nicht manchmal wie ein Trampeltier daher? ) mit Rollkoffer und entscheidungsunfähig, wie sie sich kleiden soll - herrlich..

Womit wir im wahrsten Sinne des letzten Wortes bei der Wahrheit wären : Sie ist männlich. Sie ist zackig, sie ist klar, kennt eher nicht die Grauschattierungen zwischen Schwarz und Weiß und vor allem : sie ist ungeschminkt und völlig nackt !

Sie heißt eigentlich DER Eindruck ( ich weiß gar nicht, wer den weiblichen Artikel zur Wahrheit hin gemogelt hat, der Wahrsager ist schließlich auch männlich und was sagt er anderes als die Wahrheit), er muss sich nicht putzen, sich nicht lange vor den Spiegel stellen, sondern er ist wahrhaftig da. Anzüge und Aufzüge kann er eigentlich nicht leiden, wozu lange den Ort oder die Kleidung wechseln, er hat recht, dort, wo er steht und dort fühlt er sich wohl.

Natürlich kann sich der Eindruck verändern, lässt sich nur zu gerne verführen, gibt sich auch manchesmal bereitwillig hin und trotzdem ist er stark und möchte führen, das sind alles maskuline Attribute. Wenn seine Speerspitzen durch die Lüfte in unsere Herzen sausen, dann heißt es wie im Krieg: "Treffer, versenkt !"

Doch bedenke eins: Der Wahrheit gibt das Weibchen ihre Nahrung, aber nur vielleicht, wenn es lustig ist. Ansonsten landet der Wahrheit auch bisweilen im Schrank oder unter dem Bett - zuviel Wahrheit kann eben auch schaden ..

Herzlichst und ich hoffe, wir sind uns einig !

Frollein a.