Kinderarmut? Kein Thema für die Tagesschau
Über die krasse “Gerechtigkeitslücke” in unserem Sozialsystem wahren ARD-aktuell & Co. eisern Stillschweigen
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Mitten unter uns leben 4 Millionen Kinder an oder unter der Armutsgrenze. Falls wir überhaupt davon erfahren, geschieht es nur beiläufig. Unsere Leit- und Qualitätsmedien interessiert das Thema einfach nicht. Marktführer ARD-aktuell informiert uns zwar fast täglich über die Börse, vermeidet aber krampfhaft, regelmäßige Blicke auf die Schattenseiten unserer Gesellschaft zu werfen. Die Problematik “Arbeitslosigkeit, Armut, soziales Elend und krasser Reichtum” bleibt außen vor. Wir existieren in einem antisozialen Unrechtsstaat. Es soll aber keiner so verstehen.
“Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat”(1), deklariert das Grundgesetz, legt dafür aber keine Kriterien fest, keine Normen, keine Regeln; das bleibt dem Gesetzgeber überlassen. Der zugehörige Hebel für die Parlamentarier steht ebenfalls im Grundgesetz: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” (2). Aber aufgemerkt: “soll”, nicht “muss”.
Kein Hebel also, nur ein Hebelchen. Unsere Gesellschaft sieht auch ganz danach aus: Schon mehr als 100 Multi-Milliardäre in Deutschland, und ihr immenses Vermögen wächst und wächst. (3) Weil aber das eine nicht ohne das andere sein kann: Kinderarmut und Altersarmut nehmen ebenfalls zu, werden immer schlimmer und immer umfangreicher. Bertolt Brechts “Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich” beschreibt eine erweisliche Zwangsläufigkeit. (4)
Die Volksvertreter könnten dem zerstörerischen und die Demokratie gefährdenden Trend zwar zumindest die Spitze nehmen. Sie lassen es aber hübsch bleiben; zu groß ist ihre Furcht, sich am Versuch die Finger zu verbrennen.
Die Tagesschau beschweigt den Skandal selbstverständlich, denn es gehört zu ihren “vornehmsten Aufgaben ... Illusion zu erzeugen und aufrechtzuerhalten.” (5)
Zentrale Quelle der Kinderarmut sind die Arbeitslosigkeit und die unsäglichen Nebenwirkungen des sich ausdehnenden Niedriglohnsektors. Mindestens einmal im Monat hätte die Tagesschau Anlass und Gelegenheit, umfassend über die Gesamtproblematik zu informieren: immer dann, wenn die Bundesagentur für Arbeit ihre geschönten Statistiken herausgibt. Dr. Gniffkes ARD-aktuell lässt die Chancen ungenutzt und verweigert damit sauberen Journalismus. (6) Sie beharrt auf ihrer miesen Meinungsmache. Der jüngste Fall:
„Die Zahl der Arbeitslosen ist auf den niedrigsten März-Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren 2.301.000 Menschen erwerbslos gemeldet, 72.000 weniger als im Februar und 157.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank auf 5,1 Prozent." (7)
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https://seniora.org/politik-wirtschaft/d...-die-tagesschau
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