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Musik, Gewalt und unlösbare Rätsel – György Dragománs faszinierender Novellenband «Löwenchor»
Der ungarische Schriftsteller György Dragomán legt einen grossartigen neuen Erzählreigen vor. Das Phantastische ist darin immer in Reichweite. Ein Handgriff, ein Gedankenblitz – und die Story kippt. Wer György Dragománs gefeierte Romane «Der weisse König» und «Der Scheiterhaufen» kennt, weiss, dass es hier hart zugeht, weil repressive politische Verhältnisse das Leben vergiften. Der ungarische Autor wurde 1973 in Siebenbürgen geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend in Ceausescus Diktatur, bis die Familie 1988 nach Budapest übersiedelte. Nicht nur seine Romane, auch mehrere seiner Erzählungen, die nun im Novellenband «Löwenchor» in hervorragender Übersetzung von Timea Tankó und Terézia Mora auf Deutsch vorliegen, tragen die Signatur totalitärer Zeiten. Und wo nicht der Staat für das Unglück der Figuren verantwortlich zu machen ist, sind es familiäre Gewalt, Armut, Eifersucht und Missgunst. Manch einer wird zum Alkoholiker, Dieb, Mörder oder Selbstmörder. Wobei die Musik oft die Rolle eines Katalysators spielt und aus realistischen Bahnen hinausführt.
Eine Sängerin, verheiratet und Mutter einer Tochter, verliebt sich in ihren Klavierbegleiter und Nachbarn; als sie schwanger von ihm wird, versucht sie sich das Leben zu nehmen. Längerer Klinikaufenthalt, der Ehemann verbrennt sämtliche ihrer Tonaufnahmen, Plakate und Bühnenkleider. Den bizarren Höhepunkt erreicht die Geschichte, die von der Tochter in Ich-Form erzählt wird, als diese mit ihrem Vater zu besagtem Nachbarn geht, dieser möge einen Hahn für die Suppe schlachten. Die blutige Prozedur wird zum Moment der Abrechnung zwischen den Männern – und für das halbe Kind zur Initiation in die harte Lebensrealität.