Die soziale Marktwirtschaft war nie sozial
Der Mythos von der "sozialen Marktwirtschaft" verdeckt bis heute außerordentlich geschickt, wie ungerecht es in der Bundesrepublik zuging und zugeht. Statt auf sozialen Ausgleich zu setzen, vertrauten Ludwig Erhard und seine Nachfolger blind dem Markt und verfestigten so die ungleiche Vermögens- und Einkommensverteilung.
Bis heute sind die allermeisten Deutschen überzeugt, dass sie in einer "sozialen Marktwirtschaft" leben, die von Ludwig Erhard höchst persönlich erfunden wurde. Diese soziale Marktwirtschaft, so geht die Legende, sei einzigartig in Europa, und nur ihr wäre das "Wirtschaftswunder" zu verdanken. Nichts davon stimmt. Deutschland war nie besonders sozial – und eine besondere Wirtschaftsverfassung gab es hier auch nicht. Stattdessen ging es nach dem Zweiten Weltkrieg weiter wie zuvor: In den Großkonzernen dominierten die alten Eliten.
Der Slogan "soziale Marktwirtschaft" fand sich erstmals 1949 im CDU-Wahlprogramm und sollte angeblich einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus weisen. Das klang nach Ausgleich und nach Mitte und wirkte sympathisch auf ein erschöpftes Volk, das von politischen Extremen genug hatte.
Den meisten Wählern fiel gar nicht auf, wie missverständlich das Konzept war. Die „soziale Marktwirtschaft“ strebte nämlich mitnichten eine ausgebaute Sozialpolitik an, sondern behauptete im Gegenteil, dass der freie Markt an sich schon sozial sei. Man müsste nur für ungehinderten Wettbewerb sorgen und schon sei der „Wohlstand für alle“ garantiert.
Die Idee war: Der Markt hat immer Recht. Das Prinzip der Konkurrenz würde faire und niedrige Preise erzwingen, von denen auch der kleine Mann profitiert. Sozialpolitik wäre daher überflüssig und sogar schädlich, weil sie die postulierte Harmonie der Marktkräfte nur stören würde. Wettbewerb sei „der tragende Pfeiler der sozialen Marktwirtschaft“ versprach Erhard immer wieder, der damals als Wirtschaftsminister amtierte. Während er Rede um Rede hielt, geschah jedoch das Gegenteil: Die bundesdeutschen Großkonzerne wuchsen weiter und konsolidierten ihre Macht.
Selbst die Alliierten konnten diesen Prozess nicht stoppen. Die USA hatten nach dem Krieg unter anderem durchgesetzt, dass der Chemiegigant I.G. Farben "entflochten" werden sollte. Am Ende wurde das Konglomerat zwar tatsächlich in die drei Firmen BASF, Bayer und Hoechst zerlegt – aber auf eigenen Wunsch. Der einstige Mammutkonzern hatte sich als zu unbeweglich erwiesen, und die drei neuen Betriebe waren auch einzeln immer noch groß genug, um ihr jeweiliges Segment zu beherrschen.
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