Die soziale Katastrophe
In deutschen Städten wächst das Elend immer unübersehbarer.
Die Profitmaschine spült Geld und Macht nach oben. Die Krise hat die Fließgeschwindigkeit beschleunigt, und die untere Mittelschicht droht zu verarmen. Die Angst in der Mitte beflügelt die Feindseligkeit gegen die Ärmsten. Ganz unten wächst die Not. Viele deutsche Städte klagen über eine explodierende Verelendung mit allen Folgen: Obdachlosigkeit, Drogensucht, Kriminalität, Tod.
Wer sich die Situation in Bahnhöfen und Parks beliebiger deutscher Großstädte anschaut, braucht keine Statistiken, um sie zu sehen: Menschen, die auf der Straße schlafen, verwahrloste Obdachlose, Alkohol- und Drogenabhängige, Dealer und Prostituierte — oft noch halbe Kinder ohne Perspektive. Slums wie in US-amerikanischen Vorstädten zwischen Protz und Prunk: Kurz vor Weihnachten fällt es der Verdrängungsgesellschaft wieder einmal auf und sie fragt sich: Wohin mit den Abgestürzten? Elend ist kein schöner Anblick.
Hamburg ist im dritten Corona-Winter endgültig zur Hauptstadt der Verelendeten mutiert. „Immer mehr Abhängige sind obdachlos“, resümierte zum Start des Winternotprogramms das Hamburger Abendblatt. Ein nie dagewesenes „Drogen- und Obdachlosen-Elend“ breite sich am Hauptbahnhof und andernorts aus, führe zu mehr Kriminalität, erhöhe die Unsicherheit. Es sei „nicht mehr zu ertragen“, so das Blatt. Die „neuen Unberührbaren“ würden für Anwohner und Gewerbetreibene zur Belastung.
Die Gesellschaft hat unten ein wachsendes Leck. Wer dem zunehmend aggressiven wie verlogenen Gerangel um Jobs und Erfolg nicht standhält, wem die Mühlen der Bürokratie über den Kopf wachsen, der droht durchzurutschen.
Dieses Leck, das immer mehr Überflüssige auf die Straßen spuckt, ist ein Spiegel der Gesellschaft. Ein Blick in diesen offenbart eine verdrängte Realität, die mit allen zu tun hat.
Diese Wirklichkeit stört zunehmend auch anderswo: In Frankfurt am Main zum Beispiel, in Leverkusen, und Berlin, in Sachsen, Wiesbaden und anderswo. Viele Betroffene sterben in jungen Jahren auf der Straße, wie kürzlich ein 39-Jähriger in Hannover.
Diese Opfer haben nicht den Stellenwert der Corona-Toten „aus der Mitte der Gesellschaft“. Man kann sie nicht ausschlachten für politische Maßnahmen und Arzneimittelwerbung. Sie befinden sich dort, wo niemand hinwill, im Abgrund der Abstiegsängste und -realitäten.
Die „Experten“ diskutieren nun oberflächlich, was zu dieser Entwicklung geführt haben könnte. Natürlich, rein materiell fehlt es seit Langem und zunehmend an bezahlbarem Wohnraum, während zugleich unzählige Häuser im Privatbesitz als Spekulationsobjekte verrotten. Trotz alljährlich erneuerter Versprechen stecken Kommunen kein Geld in den Bau bezahlbarer Wohungen, und durch die Decke schießende Gas- und Strompreise verschärfen das Problem.
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