Die Toten leben fort in den Geschichten, die wir uns von ihnen erzählen
Eduardo Halfon schreibt einen Roman über ein totes Kind, das die Lebenden weit über seinen Tod hinaus in Atem hält.
So sind die Toten, sie geben keine Ruhe. Gleichgültig, ob sie jung oder alt gestorben sind, ob sie mit Gewalt zu Tode kamen oder einfach entschliefen. Sie sind weg, unter der Erde oder verschollen. Und bleiben dennoch mitten unter den Lebenden, die von ihnen nicht loskommen. Weil der Phantomschmerz in jedem Körperteil pulsiert und den Verlust für immer ins Bewusstsein brennt.
Und vielleicht halten sich die Verstorbenen umso hartnäckiger und auch quälender in Erinnerung, je nachhaltiger man sie aus dem Gedächtnis zu löschen versucht. Dann geistern sie wie Untote durch die Tage und Nächte der Lebenden und suchen sie heim mit ihren Geschichten. Denn sie leben fort, auch wenn sie es mit dem Gesicht eines Fünf- oder Sechzigjährigen tun, da sie nicht mehr älter werden und bleiben, was sie waren, als sie starben. Nur ihre Geschichten wandeln sich.
Der in Guatemala geborene und seit früher Jugend in den USA lebende Schriftsteller Eduardo Halfon ist ein Magier der Totengeschichten. Die Verstorbenen mit ihren Geschichten lassen ihn nicht los. Jene des polnischen Grossonkels, der im Ghetto von Lodz verhungert war. Oder die Geschichte des Grossvaters mütterlicherseits, der das KZ überlebt hatte und 1946 nach Guatemala gelangte.
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https://www.nzz.ch/feuilleton/eduardo-ha...ilie-ld.1517312
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