Wieder am Fenster
Aufgeweckte Lichter in schwarzen Häusern treiben Menschen in einen ungewissen Tag.
Nachts um fünf steh ich am Fenster und fühle aufkommendes altes Leben in mir, so als wär ich wieder einer von ihnen, die ins graue Leben müssen.
Noch keine Vogellieder in den Ästen, grauschwarze Wolken fliegen am Mond vorbei, mein Körper, warm vom Schlaf, schaut auf die einzelnen hellen Fenster, vereinzelt höre ich ein Auto, und ich
muss nicht hinaus und der Welt weh tun.
Verrirrte Bilder tauchen hinter dem Lid auf, vom Stapfen durch tiefen Schnee, vom Warten an Bushaltestellen und auf Bahnhöfen, von hetzenden Menschen und Dunkelheit morgens und abends.
Wie in einem Adventskalender zeigen sich neue beleuchtete Fenster, manchmal huschen Schatten vorbei, kramen ihr bisschen Leben zusammen, suchen nach Haarbürste und Fahrkarte.
Aus der Stadt und den Menschen will der Lärm heraus, nur ich stehe schweigend am Fenster, beobachte, wie der Tag sich auf die Welt legt, ahne den Wind durch die Büsche huschen und versuche, die Ruhe in mir zu halten.
Eine Müdigkeit steigt in mir hoch, hält mich fern vom lauernden Alltag, von Pflichten und Terminen. Langsam verlöschen die Straßenlaternen, wichtige Uhren verscheuchen die Nacht, nirgends steht jemand am Fenster und schaut in sein Leben, und ich frage mich, wie konnten nur so all diese kleinen Dinge entstehen, die uns zusammengebracht haben, wenn wir doch immer nur eilen in die vorgegebenen Wege, die wir gedankenlos hinnehmen, ohne uns umzusehen.
Ich trotte gemächlich zurück zum Bett, lasse mich fallen in den Moment, der der Schläfrigkeit nachgibt, döse noch ein wenig in der wohligen Wärme und verschlafe dann irgendeinen Morgen.
Sirius
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Ich kann in diesen Text so gut eintauchen, fast als würde ich - wie du am Fenster stehen - und auf die Hast vergangener Jahre schauen.
Und jeder, der mit offenen Augen durch sein Leben eilt, wird deinen Text verstehen.
Deine Wortgebilde, welche dir wieder sehr gelungen sind, machen mir das Lesen zum Erlebnis.
Sirius, das hier ist für mich ein ganz dickes Lesezeichen.
Jonny
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Nachdenkliche und doch zufrieden wirkende Zeilen hinaus in die schlafunterbrochene Nacht gesandt.
So gut nachzuvollziehen und geschrieben, Sirius!
Liebe Lottegrüße in deine Nacht
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Hallo Jonny, ich danke dir herzlich für deine beistimmenden Worte und für dein Lesezeichen!
Hallo Lotte, auch dir meinen herzlichen Dank für deine lobenden Worte!
Sirius
Reset the World!
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