Der Liebende
Nun liegt dein Freund wach in der milden Nacht,
noch warm von dir, noch voll von deinem Duft,
von deinem Blick und Haar und Kuss – o Mitternacht,
o Mond und Stern und blaue Nebelluft!
In dich, Geliebte, steigt mein Traum
wie tief in Meer, Gebirg und Kluft hinein,
verspritzt in Brandung und verweht zu Schaum,
ist Sonne, Wurzel, Tier,
nur um bei dir,
um nah bei dir zu sein.
Saturm kreist fern und Mond, ich seh sie nicht,
seh nur in Blumenblässe dein gesicht,
und lache still und weine trunken,
nicht Glück, nicht Leid ist mehr,
nur du, nur du und ich, versunken
ins tiefe All, ins tiefe Meer,
darein sind wir verloren,
drin sterben wir und werden neugeboren.
Hermann Hesse
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