Marie T. Martins Gedichtband "Rückruf"
Alemannische Mangos
Diese Lyrik vertreibt die Hektik des Alltags: Marie T. Martin literarisches Requiem „Rückruf“ Kristof Magnussons Betriebsromangemälde „Ein Mann der Kunst“.
CARSTEN OTTE
Vor 15 Jahren ging mit „poetenladen.de“ eine Website online, die sich vor allem deutschsprachiger Lyrik widmete, aber auch bemerkenswerte Prosa und Porträts veröffentlichte. Aus dem Internetportal entstand schon bald die Literaturzeitschrift „Poet“ und auch der Poetenladen Verlag, der immer wieder mit liebevoll gestalteten Büchern überraschte.
Dort erschien zum Beispiel „Kleine Prosa“ der jungen Autorin Marie T. Martin, und zwar mit dem gar nicht kleinen, sondern überaus drolligen Titel „Woher nehmen Sie die Frechheit, meine Handtasche zu öffnen?“. Zu den elf Miniaturen mit aberwitzigen Pointen gehört eine biographische Skizze namens „Textile Genealogie“, in der ein Familienleben anhand von Kleidungsstücken dargestellt wird.
Kein Wunder, dass diese so skurrile wie präzise Literatur bald auch Jurys und Kritik begeisterte. Viele Auszeichnungen und Stipendien erhielt die 1982 in Freiburg geborene Schriftstellerin, deren Prosa sehr poetisch und deren Dichtung immer auch erzählend ist. In ihrem Lyrikdebüt „Wisperzimmer“ wird in Hinterzimmern gesungen und getanzt, werden Bars besucht, in dem ein DJ zu später Stunde immer dasselbe Lied in Endlosschleife spielt.
Marie T. Martin stimmt in diesem Band in fließenden Übergängen sowohl dunkle als auch helle Töne an, beschreibt mit außergewöhnlicher Beobachtungsgabe heitere, aber auch radikal düstere Stimmungen.
„Rückruf“ heißt nun ihr zweiter Gedichtband (Poetenladen Verlag, Leipzig 2020. 96 S., 18,80 €.) der in einer völlig anderen, nämlich durchweg ernsten Tonlage gehalten ist, handelt es sich doch um ein literarisches Requiem.
Weiterlesen:
https://www.tagesspiegel.de/kultur/marie...s/26712862.html
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