Konzertierte Schröpfaktion
Ökonomen verlangen hohe Gaspreise. Chef von Unternehmerverband BDA fordert »Reformen« bei Kranken- und Rentenversicherung
In der Bundesrepublik steht allen Anzeichen nach ein Konjunktureinbruch kurz bevor. Er ist durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland in hohem Maße selbstverschuldet. Das spielt allerdings in Politik, Medien und bei Ökonomen keine Rolle. Dort gibt es vor allem Überlegungen, wie die Krisenkosten auf Arme und Durchschnittsverdiener umgelegt werden können. Aus der Kriegs- soll eine Notvolksgemeinschaft werden.
Am weitesten preschen Vertreter des Wissenschaftlichen Beirates beim Wirtschaftsministerium vor. Sie kritisieren laut Handelsblatt vom Dienstag, dass Minister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) seit Monaten mahne, Gas zu sparen. Erst in der vergangenen Woche verbot Habeck u. a., private Pools zu heizen. Die 38 Mitglieder des Beirates schrieben ihm nun in einem gemeinsamen Brief: »Ein hoher Gaspreis ist der effizienteste Anreiz, den Verbrauch einzuschränken.« Und weiter: »Wenn das Preissignal außer Kraft gesetzt wird, haben (Verbraucher) keinen Anreiz mehr, beim Gasverbrauch zu sparen.« Die darin versteckte Aufforderung, Gas teurer zu machen, bekräftigte der in München lehrende Beiratsvorsitzende Klaus Schmidt gegenüber dem Handelsblatt mit: »Appelle bringen fast nichts.«
Die Vorschläge des Beirates zum Gassparen sind entsprechend: Die Regierung könne moderate Preise für eine Grundmenge setzen, die sich am Verbrauch 2021 messe – für jede Kilowattstunde darüber hinaus müsste dann der hohe Marktpreis gezahlt werden – auch bei langfristigen Verträgen mit niedrigen Preisen. Das Handelsblatt zitierte: »Dies würde Haushalte gegen große Belastungen absichern und gleichzeitig Anreize für Energieeinsparungen geben.« Außerdem schlagen die Wissenschaftler ein »gemeinsames Absenken der Raumtemperatur in allen Betrieben und öffentlichen Gebäuden für eine Woche« im Falle eines Gasmangels im Winter vor. Der direkte Effekt sei zwar vernachlässigbar. Aber auch der autofreie Sonntag in der Ölkrise »hat sich in das Bewusstsein einer ganzen Generation als Symbol für die gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Krise eingebrannt«.
Die gleiche Stoßrichtung haben Forderungen, die der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Rainer Dulger am Dienstag gegenüber dpa aufstellte. Er holte aus der Mottenkiste des Krisenkapitalismus die »Lohnnebenkosten« hervor. Die Propagandavogelscheuche, die Regierung und Kapital schon beim Austüfteln der Hartz-Gesetze vor sich her trugen, besagt wahrheitswidrig: Sozialversicherungsbeiträge zählen nicht zu den erkämpften Löhnen. Bei Dulger hört sich das so an: »Die Lohnnebenkosten müssen auf 40 Prozent gedeckelt werden, denn es droht eine ausufernde Beitragserhöhung.« Konsequenz: Der Ruf nach dem Staat. So sollen nach Ansicht des Cheflobbyisten z. B. Defizite bei der gesetzlichen Krankenversicherung mit Steuergeld ausgeglichen werden und die Sozialsysteme grundlegend »reformiert«, d. h. Leistungen gekürzt werden: »Das fordern wir seit Jahren, zum Beispiel eine Dynamisierung des Renteneintrittsalters (…) Das Renteneintrittsalter wird an die Lebenserwartung gekoppelt – und dann wird das über einen Schlüssel dynamisiert.«
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