Lindner macht uns alle ärmer
Preissteigerungen lassen bei uns allen das Geld knapper werden. Anstatt für Entlastung zu sorgen, setzt Linder auf Sparzwang und Scholz auf eine Einmalzahlung. Das ist ökonomischer Unsinn.
Es ist mittlerweile schon der zweite Monat mit rasant steigenden Lebensmittelpreisen. Im Vergleich zum Juni letzten Jahres sind sie um 12,7 Prozent gestiegen. Im Mai waren es schon 11,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit aber nicht genug: Die gesamten Preissteigerungen bleiben auch im Juni mit 7,6 Prozent auf einem sehr hohen Niveau.
Längst überfällige weitere Entlastungen werden nun umso wichtiger. Schon die Auswertung der ersten beiden Entlastungspakete zeigte, dass die Ärmsten auf Kosten sitzen bleiben. Man kann es nicht oft genug sagen: Das ist eine politische Entscheidung. Es ist nicht einmal die Schuldenbremse, die weitere Entlastungen verhindert – denn die ist aufgrund der »außergewöhnlichen Notsituation« ausgesetzt. Daher wird zur Rechtfertigung der große Mythos heraufbeschworen, dass wirksame Entlastungen nicht tragbar wären, schließlich könne niemand wollen, dass unsere Enkelkinder dann die Schulden zurückzahlen müssen. Genauso unsinnig ist der Mythos, dass Austerität geboten sei, damit die Inflation nicht noch weiter steigt.
Rein technisch gesehen könnte die Regierung ohne Probleme ein drittes Entlastungspaket von der Rampe schieben. Wenn man die Steuern für Spitzenverdiener, Vermögende und Krisenprofiteure erhöhen würde, könnte man Entlastungen sogar trotz dieser freiwilligen wie unsinnigen Sparpolitik vornehmen. Das alles wurde aber im Koalitionsvertrag vorsorglich schon einmal weitestgehend ausgeschlossen. Dass sich die Umstände seitdem fundamental verändert haben, wird von der Ampel größtenteils ignoriert.
Doch selbst in den eigenen Reihen regt sich inzwischen teilweise Unmut darüber, dass selbst Rentnerinnen und Rentner in Armut auf den steigenden Energiepreisen sitzen bleiben. Daher kommen selbst aus Ampelkreisen fast wöchentlich neue Entlastungsvorschläge: ein sozial gestaffeltes Energiegeld, die Abschaffen der kalten Progression und seit neuestem nun auch eine steuerfreie Einmalzahlung.
Angesichts der steigenden Preise kündigte Scholz vor Wochen eine »konzertierte Aktion« Anfang Juli an. Er plädiert dafür, Maßnahmen zu finden, mit denen Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber leben können. Das hat man in der Vergangenheit schon häufiger versucht – in der Regel ohne Erfolg. Olaf Scholz schwebt nun eine steuerfreie Einmalzahlung der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer vor. Im Gegenzug sollen die Beschäftigten auf hohe Lohnforderungen verzichten. Das stieß prompt auf Widerspruch von beiden Seiten, die sich jeweils auf die Tarifautonomie berufen – wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Die entscheidende Frage ist, was mit dem Lohnwachstum passiert. Die Gefahr besteht, dass die Goldene Lohnregel – also eine Lohnsteigerung gemäß der Zielinflation und des Produktivitätswachstums – damit ausgehebelt wird. Bei kommenden Lohnverhandlungen müssten die Gewerkschaften dann umso mehr Prozente einfordern, um die bei der Einmalzahlung fehlende dauerhafte Erhöhung zu kompensieren.
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