Mirko Bonné
Ob, wann, wo und wie
Sie schreibt dir früh, sie habe dich
lieb. Du wirst davon wach, erkennst
wieder: Bäckerei, das Licht. Rauchend
stehen Frauen in den Hauseingängen,
reden, lachen, und der Regen friert, es
schneit, es wächst dir dein Gesicht.
Die Nacht siehst du und verschwimmen
die Straße, die Lichter, einen Lösch-
zugeinsatz gegen sechs. Brennendes
Verlangen nach Talk Talk im Morgen-
dröhnen. Nach Zimmerwind. Und dass
der neue Tag mit ihrer Stimme beginnt.
In den Fenstern siehst du Lichter
oder Leute, vereinzelt, fremd, die
sich fit halten, da unbeirrt glauben
an Instandhaltung, die Haltbarkeit.
Das Mädchen mit dem Dutt nimmt
die Brüste in die Hände und hüpft;
mit den beiden Huskys streicht der
Maharadscha vorbei. Der Schnee,
verharscht. Zum 55. Mal 21. Februar.
Die Stadt sinkt in die Stille ein, die
Tatenlosigkeit. In Nachtfrost. Warte
auf kein Wunder mehr. Lass sein.
Was der Harsch meint: Da liegen
Schneereste auf den Lichtungen.
Was die Hand des Nachbarjungen
in den Schnee schreibt auf deiner
Motorhaube: Thanks Mister Winter.
Was du wissen solltest: Unlenkbar
alles Glück. Es kommt, es geht vorbei.
Bei Flockentreiben bleibt innen die
Stimme, die immer schon zu dir sagt:
Hast du noch Lieder, dann sing sie
wem vor. Horch auf das Ticken im aus-
kühlenden Motor: Sei Ticken und Ohr.
Fern: das Dorf im Luberon, das alte
Haus mit den blauesten Fenstern,
mitten im Ort, unter dem Kirchlein,
mit Blick von der Terrasse ins Tal,
mitten im Feigenduften. Manchmal
scheucht der Mistral das Nichtfest-
genagelte die Straße hinunter. Nah:
Kinder, Geister, unermüdlich Spiel.
Im Licht versteckt sich die Eidechse,
der Parkplatzoleander schneit. Näher
als nah: sie und ihr Löwinnenverstehen
aller Zweifel, ob, wann, wo und wie.
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