Friedensaufruf von Brandt-Sohn
Bewegung der Alten
Der neue Friedensaufruf von SPD-nahen Prominenten ist ernster zu nehmen als Sahra Wagenknechts Appell. Aber auch er macht es sich zu einfach.
Es gibt zwei Gründe, die für den Aufruf „Frieden schaffen“ des Historikers Peter Brandt sprechen. Der erste: Sahra Wagenknecht hat nicht unterschrieben. Wagenknecht ist, wie die AfD, gegen Waffenlieferungen für Kyjiw und gegen Russland-Sanktionen. Das hat mit Pazifismus so viel zu tun wie eine Metzgerei mit Veganismus.
Der Brandt-Aufruf plädiert hingegen nicht gegen Waffenlieferungen, sondern für eine diplomatische Initiative. Die soll Scholz gemeinsam mit China, Brasilien und Indonesien auf den Weg bringen. Das kann man derzeit für erfolgversprechend halten oder auch nicht. Mit dem Stockholm-Syndrom à la Wagenknecht, der Unterwerfung unter den Aggressor, hat es nichts zu tun.
Äußerst sympathisch erscheint der Aufruf auch, wenn man sich den Reflex von Andrij Melnyk, dem ukrainischen Vize-Außenminister, anschaut. Der poltert gegen die „senile Idee“. Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland und der Außenpolitik-Experte Carlo Masala klingen ähnlich. Alle, die das Wort Diplomatie in den Mund nehmen, zu Schwachköpfen, bestenfalls Naivlingen zu erklären, folgt der Diktion der Alternativlosigkeit.
Es ist eine arrogante Pose, die man oft bei jenen findet, die sich im vollumfänglichen Besitz der Wahrheit wähnen. Die militärische Offensive für den einzigen Weg zu erklären, ist eine gefährliche Engführung. Gerade wo es um Leben und Tod geht.
Ja, auch dieser Aufruf lässt die naheliegende Frage, ob Putin nicht an den Verhandlungstisch geschossen werden muss, einfach beiseite. Diplomatie und Waffenlieferungen gehören zusammen. Kluge Politik des Westens wäre es, mit Verhandlungsangeboten zu locken und nach Moskau die Botschaft zu senden, dass ein Rückzug nicht das Ende Russlands wäre.
Der Aufruf ist von sehr vielen „Ex“ unterzeichnet. Ex-Minister, Ex-DGB-Chef, Ex-SPD-Chef, Ex-Bundestagspräsident. Das Durchschnittsalter der Unterzeichner dürfte deutlich über 70 Jahren liegen. Die Friedensbewegung ist eine RentnerInnenbewegung geworden, ohne Jüngere. Das ist für einen vitalen, streitbaren Diskurs keine gute Nachricht.
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