Land NRW hat Heimkinder für Impftests missbraucht
Die NRW-Landesregierung hat in den 60er Jahren erlaubt, dass an Heimkindern Pockenimpfstoff getestet wurde. Das belegen historische Dokumente, die der WDR einsehen konnte.
Von Arne Hell und Niklas Schenk
Die Pocken waren in Europa einmal eine gefürchtete Krankheit. Wer an diesem Virus erkrankte, hatte ein hohes Risiko zu sterben. Wer überlebte, war oft mit wulstigen Narben übersät. Noch bis 1976 gab es in Deutschland eine Impfpflicht gegen Pocken.
In Nordrhein-Westfalen kümmerte sich damals eine eigene Behörde um den Schutz der Bevölkerung, die Landesimpfanstalt in Düsseldorf. Sie stellte Pockenimpfstoff selber her – und testete ihn dann an Kindern, die in Heimen lebten. Also an Kindern, bei denen man dies ohne Einwilligung der Eltern tun konnte.
"Was wir in Akten gefunden haben, sind sogenannte Probeimpfungen, die an Kindern in Heimen durchgeführt worden sind", sagt Prof. Heiner Fangerau, Medizinhistoriker an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, "das ist schon etwas, das aus heutiger Sicht maximal irritierend ist." Er bewertet diese Tests als Medikamentenmissbrauch: "Hier wurde die Abhängigkeit in besonderer Weise ausgenutzt, um etwas zu versuchen, was man anderen Kindern nicht zumuten wollte."
Fangerau und sein Team erstellen im Moment im Auftrag des NRW-Gesundheitsministeriums eine groß angelegte Studie, die das gesamte Ausmaß des Medikamentenmissbrauchs an Heimkindern in der Vergangenheit untersucht. Die Probeimpfungen sind im unveröffentlichten Zwischenbericht zur Studie beschrieben, den das WDR-Magazin Westpol einsehen konnte. Belegt sind sie unter anderem durch Berichte der Landesimpfanstalt aus den Jahren 1962 und 1963.
Weiterlesen:
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespo...nd-nrw-100.html
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