Flüchtlinge systematisch umbringen
Die Meldung war klein, ich hätte sie fast übersehen. Aber was die Hilfsorganisation Sea-Watch vor wenigen Tagen von einem Einsatz auf dem Mittelmeer berichtete, erschütterte mich. Auf einem überfrachteten Holzboot hatten die Retter 56 Geflüchtete gefunden und sie auf die "Sea-Watch 5" gebracht. Darunter war auch ein 17-Jähriger in kritischem Zustand.
Zehn Stunden war er auf dem Holzkahn unter Deck eingepfercht und atmete während der Überfahrt giftige Benzindämpfe ein. Auf der "Sea-Watch 5" erlitt er dann einen Herzstillstand. Die Ärzte konnten ihn wiederbeleben, jedoch fanden die Seenotretter keinen Hafen, der das Schiff und den Patienten aufnehmen wollte. Stundenlang funkten sie Hilferufe, weder Italien noch Malta, noch Tunesien erlaubten dem Schiff die Einfahrt. Schließlich starb der 17-Jährige – vier Stunden, nachdem er eigentlich schon gerettet worden war.
Der Fall ist nur ein Beispiel für die mitunter zynische Politik, mit der die Europäische Union an ihren Außengrenzen vorgeht. Es ist ein bisschen so, als ob wir Europäer in einer gemütlichen Burg leben würden. Bei Bedarf ziehen wir einfach die Zugbrücke hoch und schauen dabei zu, wie die anderen im Burggraben ertrinken.
Trotzdem scheint diese Tragödie kaum noch jemanden zu schockieren. Stattdessen stehen Debatten über Obergrenzen im Vordergrund. Mal sind es 400.000, dann 200.000, jetzt sollen es nach dem Willen von CDU-Chef Friedrich Merz sogar nur noch 100.000 Menschen sein, die Deutschland pro Jahr aufnimmt. In Sachen Solidarität findet derzeit ein Unterbietungswettbewerb statt, der jüngst in einem kleinkarierten Streit um Bezahlkarten gipfelte.
Noch rigoroser geht es in Australien zu, wo der Autor dieser Zeilen lebt und arbeitet. Als hier im vergangenen Monat nach längerer Zeit mal wieder ein Boot mit 20 Migranten aus Bangladesch und Pakistan anlegte, rief Oppositionsführer Peter Dutton quasi eine Staatskrise aus. Seitdem tut er so, als ob die Spartaner in Troja eingefallen wären. Dutton wirft Regierungschef Anthony Albanese vor, die Kontrolle über die nationalen Grenzen verloren zu haben. Australien fährt schon seit Jahren eine Nulltoleranzpolitik in Sachen illegaler Migration, der Kontinent hat sich vollkommen abgeschottet.
Und was tut die EU? Sie probiert es auch mit Abschottung. Dafür hofiert sie gedungene Autokraten wie Abdel Fattah al-Sisi. Der ägyptische Präsident, der sein Land mit harter Hand regiert, soll für die EU den Burgwächter geben. Am Sonntag reiste Ursula von der Leyen mit prominent besetzter Delegation nach Kairo, um al-Sisi einen entsprechenden Deal schmackhaft zu machen. Er macht die Grenze nach Europa dicht, dafür kassiert er üppig. In den kommenden drei Jahren will die EU 7,4 Milliarden Euro nach Ägypten überweisen.
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https://www.t-online.de/nachrichten/tage...che-folgen.html
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