Die Demokratien zerlegen sich selbst
Politikverdrossenheit: die semantische Verlogenheit eines Begriffs
In repräsentativen Demokratien wirkt eine geradezu unheimliche, säkulare Dynamik der Selbstzerstörung, die es in anderen politischen Strukturen in dieser Nachhaltigkeit und Wirkmächtigkeit nicht gibt. Sie entfaltet in diesen Tagen, Wochen und Monaten ihre verhängnisvolle Wirkung und löst in den meisten Ländern der Europäischen Union eine Krise des politischen Willensbildungsapparats aus, an deren Ende der totale Zusammenbruch oder das allmähliche Abgleiten der Demokratien in präfaschistische Strukturen stehen könnte.
Der Erosionsprozess begann vor Jahrzehnten in den 1950er und 1960er Jahren fast beschaulich. Bis dahin beherrschten Weltanschauungsparteien die politische Szene. Sie waren Sammelbecken ideologischer Orientierung, kraftvoller Ausdruck sozialer Lagen und gesellschaftlicher Lager. Das gab ihnen Fundament, Farbe, Idee, Ethos, Antrieb und Personal. Ihre Anhänger verstanden sich selbst dann noch als Gesinnungsgemeinschaften, als sie das schon längst nicht mehr waren.
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