Überlegungen zur Verteidigung der Demokratie – Zwei Krisen der Demokratie
Die Herausforderungen sind global, wir agieren aber immer noch national. Zudem fehlen uns die Begriffe, um uns politisch-normativ zu orientieren.
Lange wurde bezweifelt, ob die Rede von der Krise der Demokratie angebracht ist, ist doch die Krise der Moment, an dem sich Leben oder Tod entscheidet. Dass es noch nicht ganz so schlimm sei, hörte man in den letzten Jahren oft, nun aber hat sich der Wind gedreht. In Deutschland kulminieren die Krisenphänomene – die Übernahme der Macht im Osten durch die AfD kann einstweilen nur durch brüchige Megakoalitionen abgewendet werden, und die neue Regierung sieht sich einer Auflösung der internationalen Ordnung ohnegleichen gegenüber, während Trump und seine Leute in den USA vormachen, wie man die älteste Demokratie autoritär umformt.
Aber worin genau besteht die Krise der Demokratie, deren Verlauf wir hier sehen? Woher rührt sie? Ich vertrete die These, dass wir es eigentlich mit zwei Krisen zu tun haben. Die erste nenne ich Rechtfertigungskrise. Sie besteht kurz gesagt darin, dass uns die Begriffe verloren gehen, die wir brauchen, um uns politisch-normativ zu orientieren. Mehr noch, die eigentliche Bedeutung dieser Begriffe wird nicht einfach übersehen oder vergessen, sondern sie wird aktiv bekämpft – indem man sich doch ideologisch genau auf sie beruft. Das ist das Kennzeichen normativer Regression. Es wird massiv an einer „Umwertung aller Werte“ gearbeitet, und wir wissen nicht, was von Begriffen wie Demokratie, Freiheit oder Gerechtigkeit bleibt, wenn diese Arbeit verrichtet ist. Wir haben es demnach mit einer veritablen Identitätskrise der Demokratie zu tun, der ihr Selbstverständnis zerfließt.
Die zweite Krise ist struktureller Natur. Alle größeren politischen Herausforderungen unserer Zeit – Krieg und Frieden, die transnationale ökonomische Un-Ordnung, die steigenden Reichtum hier und Abhängigkeit und Armut dort mit sich bringt, der Klimawandel, Migration – sind globaler Natur. Aber nicht nur die Institutionen, um auf sie zu reagieren, sind nationalstaatlicher Art oder aber, sofern international, schwach entwickelt oder unter regressivem Beschuss; mehr noch, die politische Imagination in praktisch allen Staaten der Welt ist national gepolt.
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