Ich kühle meine Stirn an Steinen.
Wintersehnsucht, so tief
wie Falten in alten Kleidern.
Meine Nachbarn spielen das ganze Jahr Allerheiligen.
Todesrituale für begrabene Ideen.
Sie sind stolz auf ihre Fahrzeuge,
und ihr Kind baut Bombenteppiche der Einsamkeit.
Eine Lehrerin belehrt italienische Pizzabäcker,
wo die Kultur in Italien ihre Plätze hat.
Sie braucht diese bezahlten Aufmerksamkeiten.
Ihr Lächeln ist ungeküßt und kalt wie spröder Stahl.
Menschen, die nichts mit sich zu tun haben wollen.
Auf Friedhöfen tanzen Schatten,
machen sich mit ihrer Endlichkeit bekannt.
Selbst hier sind die Liegeplätze reserviert.
Woanders sterben Wirklichkeiten virtuell,
und Laienprediger schreiben darüber Gedichte.
Heute darf sich Jeder Poet nennen,
der dem „Carpe diem“ etwas hinzufügen kann.
Nachts glühen Bildschirme, beleuchten wartende Gesichter.
Draußen verwalten Polizeistreifen die Gewalt leerer Straßen.
Hier waren mal Menschen.
Auf den Plätzen und in den Gassen.
Der Herbst ist meine Wirklichkeit.
Die Hoffnung meine leicht verwirrte Bekannte,
die immer fragt, ob sie mir zu nahe getreten ist.
Die Liebe lacht Sehnsüchte in die Bunker
abgrundtiefer Ängste.
Meine Stärke ist immer noch der Kopf voller Ideen,
meine romantische Sucht, Blumen an Liebende zu verschenken,
selbst Blume zu sein, die Küssen ihren Duft verleiht.
Ich bin der große Junge, der seinen Narben immer neue Kosenamen gibt.
Der „Buh“ in die eigene Dunkelheit ruft und dann laut lacht.
Alles bleibt neu.
Beiträge: | 20 |
Registriert am: | 12.11.2015 |
Hallo Gregory1952,
ein großartiges Gedicht, und die Melancholie im letzten Drittel hat mir am Besten gefallen.
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.291 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Hallo Gregory,
toll, dass Du meiner Einladung gefolgt bist und man Dich nun hier lesen kann. Herzlich willkommen!
Dass Du es schreibtechnisch schwer im Griffel hast, habe ich ja schon geahnt und freue mich sehr, solch einen Text zu lesen. Die gelungene Mischung aus Beobachtung und Selbstreflektion macht ihn aus, die Kamera, wenn man so möchte, fährt mit, erfasst dieses und jenes und jenen; gewissermaßen darunter hört man die lyrische Stimme aus dem Off. Anders kann ich meinen Leseeindruck gerade nicht beschreiben, ich hoffe, Du verstehst mich.
MfG
Beiträge: | 1.651 |
Registriert am: | 03.11.2015 |
Hallo Gregory,
Das ist großartig ! Berührend, inspirierend, eröffnet neue Bilder und hat mich Zeile für Zeile in den Bann gezogen, nein eigentlich gesogen... Ich bin sehr gespannt auf mehr...
Frollein a.
Beiträge: | 199 |
Registriert am: | 03.11.2015 |
Vielen Dank für Eure wohlwollenden Rückmeldungen. In der nächsten Zeit werde ich auch gern auf andere Beiträge antworten, die mir aufgefallen sind.
Alles bleibt neu.
Beiträge: | 20 |
Registriert am: | 12.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |