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RE: Unerwünschter Besuch

#1 von Karl Ludwig , 16.08.2016 10:51

Ich schlafe mit dem Gedanken ein, dass man seiner Mutter nicht widersprechen sollte. Ich wache von enervierendem Piepsen auf – was soll das? Den blöden Wecker hatte ich doch gar nicht gestellt. Die Leuchtdioden zeigen: Es ist Mitternacht! Die Stunde der Gespenster. Und der Hexen. Der Teufel holt sich um diese Zeit auch seinen Gewinn ab und zergelt die ein- oder andere Seele in die Hölle …

Dieser ganze Spuk soll ja ziemlich gefährlich für den Menschen sein, aber nur falls er ihn überhaupt wahrnimmt. Er wird als schlechtes Omen gesehen, das teilweise den baldigen Tod vom Beobachter vorher sagt. Oder man muss bestimmte Kräuter zu dieser bekloppten Zeit sammeln. Geheimnisvolle Schätze, Erlösung armer Seelen, Wer-, wem- und WasWeißIchWölfe, Elfen, Vampire, et cetera, … einem gewissen Hamlet soll sogar der Geist des ermordetem Vater erschienen sein, ... Hm …

Deswegen liege ich während dieser kritischen Zeit auch immer im Koma.

'Mir wird doch nicht der Geist meiner Mutter erscheinen?', denkt es mich. 'Die starb doch eines natürlichen Todes, falls man das bei Krebs überhaupt behaupten darf'. Mühsam drehe ich mich auf die Seite, knipse das Licht an und gebe Alles: Kontaktkleberdosendeckelkesk öffnen sich die Lider.

Da steht was. Nein, da steht ein Jemand! 'Aber Mutti war doch nicht über zwei Meter groß!' flüstert meine Erinnerung durch den Schleier, der mich umwabbert. 'Und sie trug auch nie einen bodenlangen schwarzen Umhang mit Kapuze, der das Gesicht verdeckt.'

Die Gestalt dreht sich zum Licht hin und zeigt mir seinen grinsenden Kopf. Nun, Totenschädel scheinen ja immer zu grinsen, doch reden können meines Wissen nach die wenigsten:

„Ja, richtig geraten! Und falls du noch den geringsten Zweifel haben solltest: Hier. Das ist meine Sense.“

Bestimmt bloß eine Nebenwirkung, die von mangelndem Drogengebrauch zeugt.

„Nicht das, was du gerade denkst. Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Heute nicht und morgen auch nicht. Weiter kannst du ja eh nicht nach vorne denken, geschweige denn planen. Ist auch sinnlos, selbst für mich, wegen den Quanten und dem Zufallselement, das proportional im Quadrat zur Zukunft wächst. Mehr darf ich leider nicht verraten, aber deine Lebensuhr befindet in guter Verwahrung. Ich will dir etwas über deine Mutter erzählen.“

„Oh. Geht es ihr gut?“

„Es ist mir nicht gestattet, irgendwelche Daten aus dem Jenseits preis zu geben. Aber aus ihrem Leben, das darf ich. Hör mir zu!“

„Ja? Bin ganz Ohr. Bzw: Nein! Bin ganz volle Blase.“

Nach meiner Rückkehr aus der Nasszelle setze ich mich auf die Bettkante und blicke dieser anthropomorphen Erscheinung in die schwarzglühenden Augenhöhlen, werde von der Dunkelheit angezogen … hineingezogen in eine Schwärze ohne Grenzen. Es gibt keinen passenden Ausdruck sie zu beschreiben. Selbst die Ewigkeit entstammt der menschlichen Vorstellung. Alleine dass ein Name existiert, beweist eine Länge, in diesem Fall allerdings eine ziemlich lange. Diese Schwärze befindet sich dort, wo die Ewigkeit aufgibt. Da ist die Heimat vom Tod, dem Hüter des Weltentores zur Ewigkeit. Und selber ist dieser Mistkerl auch noch unsterblicher als die Ewigkeit.

Eine Regel besagt, man solle nicht mit dem Tod streiten. Eine andere Regel allerdings besagt, dass man Regeln biegen darf, bis sie knacken und zu unverbindlichen Richtlinien werden. Also: „Nun erzähl schon endlich und hör auf hier anzugeben.“

„Deine Mutter bat mich während unserer letzten Begegnung, dir etwas Wichtiges mitzuteilen!“ (Ta-tah!):

„Wenn das Leben tödlich ist, und das Altern eine Kinderkrankheit, so sind alle Menschen Kinder, die nach dem Tod erwachsen werden.“

„Weißt du, man sollte seiner Mutter nicht widersprechen, selbst wenn diese schon lange tot ist. Aber das ist der dümmste Versuch, der Blödheit des Seins nachträglich noch einen vordergründigen Sinn zu verpassen. Selbst wenn es stimmen sollte, verschiebt es eine Antwort auf die Frage nach: „Was soll dieser ganze Quatsch?“ bloß weiter nach hinten, was ich völlig provokationsfrei dazu anmerken will. Und zwei Tage mindestens garantierst du mir? Und eine potentielle, Quanten abhängige Option auf noch ganz viele Tage? Mehr wäre mir auch zu viel, ha-ha.“

„Ha-ha. Ich kann dir, wann auch immer es soweit sein sollte, nicht mehr nehmen, als dir das Leben vorher gegeben hat.“

„Den Spruch kannst du dir auch in die Haare schmieren. Ach, du hast ja noch nicht einmal welche.“ Langsam wurde ich sauer. „Du hast den Wecker manipuliert, erzählst Märchen-Mythen-Legenden, fügst dem ganzen Aberglauben noch einen Riesenklacks hinzu und raubst mir, was ich am Schlimmsten finde, den Schlaf, den ich brauche um nicht an dich zu denken und nun bist du auch noch so geschmacklos, hier zu erscheinen, kryptische Wortspiele loszuwerden.“

„Nein, du schläfst und träumst bloß. Das Leben ist ein Traum in einem Traum, eine Perle in der ...“

„ … Ein Kanarienvogel im Bauch einer Katze …“

„Vielleicht. Ich bin zwar unsterblich, aber ich lebe nicht.“

Und dann wachte ich endgültig auf. Vielleicht. Möglich wäre es ja. Ich höre und sehe da keinen Widerspruch, also wird es wohl so gewesen sein.


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

Karl Ludwig  
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RE: Unerwünschter Besuch

#2 von Sirius , 16.08.2016 12:51

Offenbar ist deine Mutter in schlechte Gesellschaft geraten, das ist ja eine Kinderkrankheit bei vielen Menschen, vielleicht hast du auch nur schlechten Stoff, dass du von deiner Mutter träumst.
Dass sie aber nun gleich Freund Hein als Laufburschen benutzt, zeigt aber andererseits, dass sie immer noch clever ist, das kann dich beruhigen.
Warum sie aber ausgerechnet dich philosophisch verwöhnen will, ist mir ein Rätsel und du bist ja auch gleich aufgewacht.
Ansonsten hast du uns wieder ganz toll unterhalten, Karl-Ludwig.

Sirius


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