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RE: Achterbahnträume

#166 von Sirius , 23.05.2018 21:05

Wochenbrevier

Am Montag fängt die Woche an.
Am Montag ruht der brave Mann,
das taten unsre Ahnen schon.
Wir halten streng auf Tradition.

Am Dienstag hält man mit sich Rat.
Man sammelt Mut und Kraft zur Tat.
Bevor man anfängt, eins, zwei, drei,
bums - ist der Dienstag schon vorbei.

Am Mittwoch fasst man den Entschluss:
Bestimmt, es soll, es wird, es muss,
mag kommen, was da kommen mag,
ab morgen früh am Donnerstag.

Am Donnerstag fasst man den Plan:
Von heute ab wird was getan.
Gedacht, getan, getan, gedacht,
inzwischen ist es wieder Nacht.

Am Freitag geht von alters her,
was man auch anfängt, stets verquer.
Drum ruh dich aus und sei belehrt:
Wer gar nichts tut - macht nichts verkehrt.

Am Samstag ist das Wochen-End,
da wird ganz gründlich ausgepennt.
Heut anzufangen, lohnt sich nicht.
Die Ruhe ist des Bürgers Pflicht.

Am Sonntag möcht' man so viel tun.
Am Sonntag muss man leider ruhn.
Zur Arbeit ist es nie zu spät.
O Kinder, wie die Zeit vergeht.

Fritz Endrikat


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RE: Achterbahnträume

#167 von Sirius , 28.05.2018 20:17

Die Unruh

Vermittels eines Magenschlauches
fand ein Chirurg im fernen Benares
bei einem Fakir im Innern des Bauches
ein Uhrwerk. Ein stattliches Uhrwerk war es.
Ein Griff, und der Eingriff war geschehn,
der Doktor hat stolz sich die Hände gerieben.
Ein kleines nur hatte er übersehn:
Die Unruh des Werks war im Magen geblieben.
Seitdem sucht der Fakir mit heißen Dämpfen
eune gewisse Unruhe im Leib zu bekämpfen.

Erwin F.B. Albrecht


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RE: Achterbahnträume

#168 von Sirius , 30.05.2018 20:51

Da geht der PUNKT ab!

Ein Punkt ertrug es rundweg nicht:
Ich HASSE es! Ihr Scheiß-Gedicht!
Mit LYRIK hab ICH nix am Hut!
MATHE! Hach – die fänd ich gut ... –

Jetzt machen Sie ‘nen PUNKT! Sofort!
Sonst VERSetz ich Sie! Zum SPORT! –
Kommt ja gar nicht in die Tüte!
Mann! IHRE VERSe! Meine Güte ...

Bei Marienkäfern! Beim Dalmatiner!
In Flensburg war ich! Sie Schlawiner!
Und IMMER stehe ICH am SCHLUSS!
Typisch DICHTER! DOOFE NUSS!

PUNKTEN können SIE wohl kaum! –
(Sprach der Punkt – verließ den Raum ...)
[Pünktlich war darauf mir klar,
Dass dies ein Kritik-Punkt war ...]

Axel C. Englert


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RE: Achterbahnträume

#169 von Sirius , 01.06.2018 20:46

Der Auerhahn

Der Auerhahn der Auerhahn, ach was der auf die Dauer kann,
bespringt ohn’ Langeweile im Forst die Schleiereule.

Des Nachts am Bach der Löffelreiher vereint sich mit dem Lämmergeier.
Sieh den verklemmten Uhu, der schaut den beiden zuhu.

Der Kragenbär der Kragenbär schreit durch den Wald: “Ich kann nicht mehr!“
„Dies finde ich nun gar nicht fein!“, ruft da erbost das Warzenschwein.

Der Distelfink der Distelfink kopfüber an der Tanne hing.
Er sprach: “Auf diese Weise kriegt man ne richt’ge Meise.“

Der Elch und auch der rote Hirsch sind wieder mal im Tann auf Pirsch,
da kreischt der Goldfasan: „Nein, fass mich ja nicht an!“

Das Sumpfhuhn sprach zu einer Taube: “Ich kenne eine kleine Laube,
da können Sie es mit mir treiben. Wenn nicht, dann lassen Sie’s halt bleiben.“

Vorm Forsthaus stand der fesche Igel, da fiel vom Dach des Nachts ein Ziegel,
grad als er ein Huhn betörte, der Krach den Förster furchtbar störte.

Der Förster aus dem Hause kam und rief: „ Dich Igel krieg ich zahm.“
Er spießt ihn auf und Hokuspokus hat er ne Bürste für sein’ Lokus.

Insterburg & Co


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RE: Achterbahnträume

#170 von Sirius , 04.06.2018 20:26

Preisaufgaben

Das Es ki mo no te
Besteht aus fünfmal Wort.
Und eine Kaffeebohne
Treibt niemals Pferdesport.

Man soll nicht Pferde reizen.
Ein Pferd ist keine Kuh.
Wenn Aale Beine spreizen,
Sieht niemals jemand zu.

Je mand ar in der brüs te,
Recht sauber eingehüllt,
Erregen oft Gelüste,
Die manches gern erfüllt.

Man ches ter ho sen il es-,
Geht vieles stumpf einher.
Quatsch gibt den Dummen vieles,
Gibt Klugen manchmal mehr.

Joachim Ringelnatz


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RE: Achterbahnträume

#171 von Sirius , 05.06.2018 20:19

Keine Rasierklingen? Dennoch!

Frisch gewagt ist halb rasiert!
Glücklich, wer mit stumpfer Klinge
unbeirrt und guter Dinge
durch sein Antlitz promeniert.

Selig der Gesichtsgravör,
der sich beigebrachter Schnitte
schuldlos wähnen kann: „Na bitte,
schließlich bin ich kein Frisör!“

Selbstrasierer an die Front!
Hochmut ist der Enkel Erbe!
Schädigt das Frisörgewerbe!
Besser selbst als gut gekonnt.

Frisch rasiert ist halb zersägt!
Linber jämmerlich verblutet,
als sich selber zugemutet,
dass man Geld zum Fachmann trägt!

Hans Georg Stengel


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RE: Achterbahnträume

#172 von Sirius , 07.06.2018 20:35

Berta und ich gehn zum Maskenball

Gänse, die als Prinzessinnen sich weiden.
Schafsköpfe, die als Schafskopf sich verkleiden.
Türken, die eine Bettlerin
Mit »Frau Geheimrat« titulieren,
Cowboys mit Oberlehrermienen. – –
Nur die dabei verdienen und bedienen,
Erkennen solchen Unfugs Sinn.
Und beinah nur für diese Wenigen
Mischen wir andern uns auf buntem Teller
Zum außerordentlichen italienischen
Salat, als Stückchen dran und drin.

Berta, frisier dich etwas schneller!
Weil ich ein fertig angezogener Chinese bin.

Es braust ein Ruf wie Donnerhall, –
Berta, wir gehn zum Faschingsball,
Zu Karnevallerie Krawall,
Pot-Pickles, Mixed-Pourri und Drall.

Denn mancherlei im Leben – vielerlei! –,
Das man nicht sagt, lässt tanzen sich und grölen.
Und köstlich ist ein unverbindlich Küssen.

Maria Stuart, heute bist du frei.
Rasch! Gieße Flieder in die Achselhöhlen!
Nimm diese Mark für Trambahn und mal müssen.
Das Auto hin, das werde ich bezahlen.
Bin ich nicht nett??
Und geh heut nacht mit wem du willst in das Schafott.
Mach zu! Mein Hütchen – und mein Paletötchen. –
Steig ein! – Die Schlüssel? – Und die Schinkenbrötchen?
Töff töff rrrr –
*
Das Auto hält. Portier und Lichter strahlen.
Das Auto will ich, wie gesagt, bezahlen.
Doch, Berta Stuart, nun verlaß ich dich.
Zum Abenteuern muss man Freunde meiden.
Wie wir uns heute nur für andre kleiden,
Zuletzt erlebt ein jeder doch nur sich.
Du!: Morgen, überm Eimer denk an mich!

Joachim Ringelnatz


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RE: Achterbahnträume

#173 von Sirius , 11.06.2018 20:19

Giselheer dem Tiger

Über dein Gesicht schleichen die Dschungeln.
O, wie du bist!

Deine Tigeraugen sind süß geworden
In der Sonne.

Ich trag dich immer herum
zwischen meinen Zähnen.

Du mein Indianerbuch,
Wild West,
Siouxhäuptling!

Im Zwielicht schmachte ich
Gebunden am Buxbaumstamm –

Ich kann nicht mehr sein
Ohne das Skalpspiel.

Rote Küsse malen deine Messer
Auf meine Brust –

Bis mein Haar an deinem Gürtel flattert.

Else Lasker-Schüler


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RE: Achterbahnträume

#174 von Sirius , 13.06.2018 20:49

Nähe der lieben Frau

Ich denke dein, wenn aus den Wolken oben
Der Donner kracht!
Oft hast du's ja, mit Schelten und mit Toben,
Ihm nachgemacht.
Ich sehe dich, wenn unser Weiberspittel
Spazieren geht,
Wenn um die Säbelbeine flott der Kittel
Im Weste weht.
Ich höre dich, wenn heisre Raben krächzen,
Beim Flug' zur Rast;
Wenn unsere dicken Nudelgänse ächzen,
Zerplatzend fast.
Ich bin bei dir, ertönt auch in der Schenke
Manch lust'ges Wort;
Ich kehre bang' nach Hause
dann, und denke:
Ach wär' sie fort!

(Parodie auf Goethes Nähe des Geliebten.)
Othello von Plaenckner (1797-1847)


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RE: Achterbahnträume

#175 von Sirius , 14.06.2018 21:07

Gemeinsames Liebeslied

Abend gießt Rotdorn ein,
mir ins Gesicht –
Ewig ist der Wackerstein,
ich bin es nicht.

Wer hält mein Leben kurz?
Fei oder Dschinn?
Leicht wie ein Vogelfurz
fliegt es dahin.

Hagel pickt, Hegel packt
nicht mein Geweid, aber bei
Liebe und Schnickschnack
vergeht mir die Zeit.

Liebste, ich sing: an dich
denk ich bei Tag ind Nacht,
weil mich das Ding an sich
trübsinnig macht.

Treib ich meine Dohlen heim,
- you cant be true dear –
wie ein verrückter Reim
leg ich mich zu dir.

Tu meinen Wanst, diridumm
vor deinen Birnenbug –
Was du begreifen kannst,
macht mich nicht klug.

Peter Rühmkopf


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RE: Achterbahnträume

#176 von Sirius , 18.06.2018 21:03

Wenn mein Gatte Schnupfen hat

Wenn mein Gatte Schnupfen hat,
legt er sich ins Bett,
röchelt lungenschwach und matt,
und ich spiel Lazarett.

Ich eile in die Küche und koch Breichen,
ich rase in den Keller und hol Saft,
und während meine Pfunde langsam weichen,
schöpft mein Gatte neue Kraft.

Ännchen Mielau


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RE: Achterbahnträume

#177 von Sirius , 20.06.2018 20:43

Darmalarm im Hause Goethe

Den Bauch
Voll Lauch:
Knoblauch
Auch anderer Lauch.

War im Auflauf der Lauch –
Rasch auf- und rasch eingeschaufelt:
Riesiger Haufen Lauch! Und lecker auch.
Jetzt aber Au: Bauchweh am Wehbauch.

Wer kraucht da am Schlauchbauch?
Faucht laut im Bauchschlauch?
Au! Aua! Au! Hör auf!
Große Trommel – Nein, drück da nicht drauf!
Zu spät: fahler, fauliger Rauch.

Nun spürst du ihn auch
Diesen Hauch.
Spürst ihn auch du?
Gretchen? Spürts du ihn? Puuuuuh..
Unter allen Kissen ist Ruh.

Wiglaf Droste


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RE: Achterbahnträume

#178 von Sirius , 21.06.2018 20:47

Dichtkunst

Diese Damen, sie verstehen,
Wie man Dichter ehren muss:
Gaben mir ein Mittagessen,
Mir und meinem Genius.

Ach! Die Suppe war vortrefflich,
Und der Wein hat mich erquickt.
Das Geflügel, das war göttlich,
Und der Hase war gespickt.

Sprachen, glaub ich, von der Dichtkunst,
Und ich wurde endlich satt;
Und ich danke für die Ehre,
Die man mir erwiesen hat.

Heinrich Heine aus „Yolante und Marie“


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RE: Achterbahnträume

#179 von Sirius , 26.06.2018 21:05

Magyarisches Schilflied

In dos Daich, das regungslose,
Schaugt dos ungorische Mond.
Glaichsam steckend saine Nose
in aein Glos – ist so gewohnt.

Wondelt Hirsch vorbai on Higerl,
Nocht ist etwos dunkel zwor,
Ober Hirsch ist stolz wie Gigerl –
Hirsch ist eben: Mogyor!

Wann ich seh dos, muss ich sogen:
Dos ist scheen. Teremtete!
Dos geht ainem durch den Mogen
Wie ain haißer Nochtkaffee.

Niemetz Lenau Ferenz Miklos


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RE: Achterbahnträume

#180 von Sirius , 04.07.2018 20:28

Die Dämmerung

Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.

Auf lange Krücken schief herabgebückt
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.

An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.

Alfred Lichtenstein


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