Pst!

Es gibt ja leider Sachen und Geschichten,
Die reizend und pikant.
Nur werden sie von Tanten und von Nichten
Niemals genannt.

Verehrter Freund, so sei denn nicht vermessen,
Sei zart und schweig auch du.
Bedenk: Man liebt den Käse wohl, indessen
Man deckt ihn zu.

Wilhelm Busch

Das Hemmed

Kennst du das einsame Hemmed?
Flatterta, flatterta.
Ders trug, ist bass verdämmet!
Flatterta, flatterta.
Es knattert und rattert im Winde.
Windurudei, windurudei.
Es weint wie ein kleines Kinde.
Windurudei, windurudei.
Das ist das einsame Hemmed.

Christian Morgenstern

Was klingeln matte Lichter
ob meiner Seele Sumpf
Was züngeln Quergesichter
Um meiner Hoffnung Stumpf?
O Schlingel ihr und Wichter
Benagt nur meinen Rumpf
Ich fühl's, ich bin ein Dichter:
Heut ist Meschugge Trumpf!

von Otto Erich

Reimerei
Ist 'ne komische Geschichte
warum reimen sich Gedichte
immer nur am Zeilenende?
Wo ich's doch viel schöner fände
reimten sie sich zu Beginn
oder auch Mal mittendrin.

Lange würde man dann feilen
bis die Reime aus den Zeilen
jedem gleich ins Auge springen
und ganz formvollendet klingen.

Noch wär das wohl ungewohnt
doch sehr kraftvoll und betont
so wie nie zuvor gehörte
Poesie, die uns betörte.

Doch das wäre wohl zu schwer
Dichter gibt's dann keine mehr.
Darum bleibt es wie es ist -
zu viel Reimerei ist Mist!


Stefan Pölt

Verwirrliches

Der Regenwurm fällt selbst bei Sturm
niemals vom Regenhimmel.
Auch habe ich noch nie gehört
der Glockenblum' Gebimmel.

Von Banknoten, die musizier 'n,
hat niemand je berichtet.
Der Maulwurf wurde auch noch nie
beim Maulweitwurf gesichtet.

Den Königstiger gibt's allein
mit Fell - und nicht mit Krone.
'Ne Pflanze wird nicht magenkrank,
noch nicht mal 'ne Brechbohne.

Mir scheint auch eines sonderbar,
Geschlechter gibt 's doch zwei.
Wie zieht der Vogel Nachwuchs auf
mit Namen Papagei?

Die Säge ist ein tolles Ding,
doch wer zersägt schon Laub?
Wenn sich 'ne Sache gar nicht rührt,
wie fängt sie denn dann Staub?

Die Sonne ist auch nicht aus Eis!
Wieso gibt 's Sonnentau?
Und nur weil jemand Meier heißt,
ist der noch lang nicht schlau!

Textilien halten uns stets warm.
Mal sind sie eng, mal lose,
doch manchmal auch ganz unbequem,
am schlimmsten die Windhose.

Bewegungen sind eigentlich
ganz eindeutig benannt.
Weshalb ist dann die Skiabfahrt
als Abfahrtslauf bekannt?

Die Vögel ziert ein Federkleid,
die Blumen tragen Blüten.
Ich wart' nur drauf, dass jemand sagt:
"Die Gänseblümchen brüten!"

Mein Gott, ich bin schon ganz verwirrt,
weil mich das Deutsch oft narrt.
Selbst diese Suppe macht mir Angst,
das Fettauge - es starrt!

© 2006 by Dr. Steffen Heinig

Ganz toll, das!

Danke, Sirius!

Keine Ursache, Leo. Ich freue mich doch, wenn hier gelesen wird. Ich habe also dir zu danken!

Sirius

Achtzeiler

Still steh ich da und sehe stumm –
seh stumm in unsern Spiegel, um
zu sehen, wie ich still da steh
und stumm in unsern Spiegel seh
wobei ich nicht verschweigen will,
was man auch immer dazu meint,
dass mich mein Spiegelbild zwar still,
doch mächtig zu bewundern scheint!

Johannes Conrad

Liebesgedicht

Kröten sitzen gern vor Mauern,
wo sie auf die Falter lauern.

Falter sitzen gern an Wänden,
wo sie dann in Kröten enden.

So du, so ich, so wir.
Nur – wer ist welches Tier?

Robert Gernhardt

Endspielstimmung

Fern der Lärm aus Straßenschluchten,
frischer Wind weht von der Elbe –
Dinge, die mich sonst befruchten –
doch die Angst, sie bleibt dieselbe.

Meine kurze Kopfsteingasse
- glückhaft aus der zeit gefallen –
Bluemen, Hecken, Hochterrasse,
bleibt für mich d e r Ort von allen.

Wie viel Wunden brauchen Seelen?
Wollen Seelen niemals Frieden?
Werde ich mir immer fehlen?

Endspielausgang unentschieden.

Andreas Greve

Über das Faulenzen

Faulenzen kostet reichlich Kraft:
Man liegt da und ist geschafft

Man liegt da und denkt verpennt:
Puuh, ist Faulsein anstrengend

Denn man müsste soviel tun:
Schlummern, dösen, und dann ruhn!

Siesta halten! Oh! Strapaze!
Rasch zurück auf die Matratze

Lecker essen, lecker trinken
Wieder in die Kissen sinken

Schnurrend in der Suhle liegen
Und sich aneinander schmiegen

Um in diesem guten Hafen
Wiederum sich auszuschlafen

bald singt man im höchsten Ton:
„Regression, ich komme schon!

Welt, du bist aus einem Guss:
Glück ist, wenn man nichts mehr muss!“

Wiglaf Droste

Bei uns darf nachts der Hund ins Bett
das hat er sich erkämpft.
wir sind nun mal tierlieb – und nett.
auch wenns die Ehe dämpft
und küsst im Dunkeln mich ein Mund
erkenne ich genau
die kalte Schnauze ist vom Hund
die andere von meiner Frau.

Dem Hund zuliebe wurden wir brav
schalten zeitig das Fensehen ab
um zehn sitzt der Hund vor der Schlafzimmertür
der Hund braucht seinen Schlaf
und wer vielleicht die Hygiene beschwört
weil ein Hund manchmal Flöhe hat
dem verrate ich, wenn er bei uns schlief
dann hatte er keine mehr.

Wolfgang Tilgner

Der verliebte Regenwurm

Krank vor Sehnsucht
legte sich der Regenwurm
in die Sonne.

Während er langsam vertrocknete
und immer flacher wurde,
wünschte er sich,
seine Geliebte würde ihn finden
und mitnehmen.

Als Gürtel.

Oder Lesezeichen.

(Natürlich ist sie dann gekommen
und hat ihn mitgenommen)

Peter T. Schulz

Klasse Texte, Sirius!

Danke, Jonny!

Vater

Ach, wie oft liegt Vater krumm,
krumm in seinen Lehnstuhl rum,
krumm und stumm und dick und friedlich
wie ein großer, voller Sack,
und die Uhr macht Tick! und Tack!,
und der Lehnstuhl knarrt gemütlich.
Vater lässt dabei sein Kinn
hängen, und er atmet dünn,
und die riesenhaften Pranken
liegen auf dem bauche schwer,
schwer und blaß und schlau, denn der,
Vater – pst – ist in Gedanken!
In Gedanken ist er oft,
und er brüllt ganz unverhofft
wenn wir ihn beim Denken stören.
Stille wie im Waldrevier
ist es drum bei uns, bis wir
Vater endlich schnarchen hören!

Johannes Conrad