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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#1 von Karl Ludwig , 15.03.2017 07:55

Schwarze Löcher zum Beispiel sind nicht besonders wählerisch, wenn es darum geht, wen oder was zu verschlucken – es ist ihnen nämlich völlig Wumpe. Dunkle Materie versteckt sich in den Schatten und ignoriert die Bemühungen der Wissenschaftler, sie nachzuweisen und endlich ins Licht der Erkenntnis zu zerren. Antimaterie hingegen geht gleich ganz hoch, wenn man sich näher mit ihr beschäftigt – über die Auswirkungen macht sie sich keinen Kopp, die bleiben dabei völlig unberücksichtigt. Galaxien stoßen zusammen, nicht ein Aas findet Worte des Bedauerns, oder spendet etwas Geld, die Beulen weg zu dengeln.

Das alles findet fast vor unserer Tür statt – und wir lassen es gedankenlos einfach zu, unternehmen nichts dagegen. Doch auch wer nichts tut, ist ein Täter, hätte Tante Hilda selig gesagt, eine der wenigen Personen, die alles persönlich nahm und energisch gegen jegliche Abweichung vom gesunden Menschenverstand einschritt. Die hätte aber, au Backe, und zwar mit Schmackes. Das Universum kann wirklich froh sein, dass Tante Hilda nichts von seinen Unarten wusste.

Doch wir? Es interessiert uns einfach nicht. Als Teil der universellen Borniertheit sehen wir gar nicht ein, was daran denn schlimm sein sollte und kümmern uns statt dessen intensiv um unser kleines Leben in Ahnungslosigkeit.

Wir müssen ja auch gar nicht durch den Kosmos düsen, um die allgemeine Ignoranz nachzuweisen. Selbst hier, auf dieser kleinen unbedeutenden Kugel im unendlichen Meer des Multiversums (es soll ja jeden Moment Milliarden von Paralelluniversen produzieren – noch so eine Schnapsidee von Leuten, die zu selten an die frische Luft kommen; – alles was man nicht widerlegen kann ist wahr?), aber selbst hier stolpern wir ständig über Wunder und erkennen sie nicht. Welcher Zauber bringt einen Baum dazu, selbst Granit zu sprengen? Klar, Kapillargefäße, Kambium, Ionenaustausch, Osmose und so, aber das Wunder dahinter wird durch die Erklärungen nicht weniger wundervoll.

Sogar jetzt passiert gerade ein Wunder: Ich sitze am Rechner! Pure Magie. Irgendwo fasst jemand eine Beobachtung, ein Gefühl oder, so wie ich, etwas angeblich Komisches in Begriffe, benutzt Symbole, und stellt Kontakt her. Ein Wunder. Oder weiß einer von uns genau, was da (nicht nur technisch) wirklich passiert? Später setzen wir uns in einen seltsamen Mechanismus, und die Technik zaubert – wir fahren zur Arbeit oder, so wie ich, ihr lieber davon.

Wir blicken in den Spiegel und staunen noch nicht einmal mehr darüber, dass unser Abbild reflexartig reflexiv bestätigt, dass wir wir sind und vermutlich gerade genau das selbe denken wie er, nur spiegelverkehrt.

Meiner behauptet, ich würde noch verdammt gut aussehen, solange ich ihn nicht putze.

Wunder überall. Eines der größten ist die Tatsache, dass kaum ein Mensch sie wahrnimmt.


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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#2 von Eris_Ado , 15.03.2017 20:50

Zitat von Karl-Ludwig
Galaxien stoßen zusammen, nicht ein Aas findet Worte des Bedauerns, oder spendet etwas Geld, die Beulen weg zu dengeln.




Das stimmt so nicht. Ich engagiere mich schon jahrelang im Galaxiensicherheitsverein. Von mir stammte der Vorschlag Warnschilder zwischen den Galaxien aufzustellen. Der Kostenvoranschlag: Pro Schild wären 67,50 Euro an Herstellungskosten zu leisten. Die Aufstellkosten würden pro Schild 354 000 000 000 07 Euro betragen. Wenn die Finanzierung der Aufstellungskosten steht, wäre ich bereit 3 Prozent der Produktionskosten aus eigener Tasche zu bezahlen.

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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#3 von Sirius , 15.03.2017 21:49

Und ich habe mein halbes Leben lang dunkle Materie beherbergt, z. B. meine Schwiegermutter. Und gewundert hab ich mich auch immer wieder, wie man ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte mit einem Happen verschlingen kann. Da kann das Universum noch was lernen.
Und trotz Antimaterie im Kopf habe ich deine Satire wahrgenommen, am Lustigsten war die Stelle, an der dein Spiegelbild so lügt.

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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#4 von Karl Ludwig , 16.03.2017 06:51

Mein lieber Eris_Ado. Für eine Idee von Dir ist der Vorschlag mit den Warnhinweisen eine verdammt gute Idee. Leider kommt sie, wie üblich, zu spät. Der Andromedanebel hat sich schon auf den Weg gemacht, um in ca. vier Milliarden Jahren mit der Milchstraße zusammenzustoßen. Nach kosmischen Maßstäben also übermorgen. Das lässt sich nicht mehr durch Schilder irgendwelcher Art ausbremsen. Da müssten wir schon zu drastischeren Methoden greifen: Raumzeit negativ krümmen, Ereigniskurven kratzen, das ganze Gebilde verdrallen, Kausalitätsklippen auf den Weg schmeißen oder Bruce Willis entgegenschicken, …, irgendwiewas so.

Beschweren? Klar, - nur nicht bei mir! Nimm Sirius seine Schwiegermutter.


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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#5 von Eris_Ado , 17.03.2017 16:25

Zitat von Karl-Ludwig
Mein lieber Eris_Ado. Für eine Idee von Dir ist der Vorschlag mit den Warnhinweisen eine verdammt gute Idee. Leider kommt sie, wie üblich, zu spät. Der Andromedanebel hat sich schon auf den Weg gemacht, um in ca. vier Milliarden Jahren mit der Milchstraße zusammenzustoßen. Nach kosmischen Maßstäben also übermorgen.



Meine Ideen sind immer gut.

Das Universum befindet sich gerade mal im Teenageralter (13,81 ± 0,04 Mrd Jahre). In diesem Alter sind 4 Mrd ein beträchtlicher Zeitraum.
Wenn Du einem 13-Jährigen ein Geschenk versprichst, das Du ihm übermorgen (d.h. in vier Jahren) überreichen willst, dann wird der ziemlich angepisst sein.

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RE: Im Universum wimmelt es vor Ignoranz

#6 von Karl Ludwig , 17.03.2017 16:42

Da fehlt noch die Dauer des Universums in Zukunft, also stimmt die Rechnung schon mal kaum - höchstens etwas.

Wenn das Universum 300 Milliarden Jahre alt würde, entsprächen 4 Milliarden einem Jahr. Also 109.500 Milliarden einem Tag und die Hälfte von davon zwei Tagen. Hoffen wir, dass das Weltall so alt wird, und ich Recht behalte.

Da fällt mir ein, in einem Roman von Terry Pratchett begegnet der Antiheld einer Sphinx, die ihn fragt, was Morgens auf vier Beinen geht, Mittags auf zwei und Abends auf dreien. Als er die Antwort nicht findet, will sie ihn traditionell verspeisen und erklärt das Gleichnis: Der Mensch. Am Morgen seines Lebens krabbelt er auf allen vieren, Mittags läuft er auf zweien und Abends mit Krücke auf dreien und nun möge er seien Umhang ausziehen, die Fäden würden immer so lästig zwischen den Zähnen u.s.w.

Der Antiheld rechnet aber vor, dass das alles nicht hinhaut. Zeitmäßig nicht zu übertragen. Sie müsse an diesem Gleichnis noch etwas feilen. So wäre es ein Ungleichnis. Herrlich.


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