Einheimische Fauna

Ein Bär
in der Schweiz?

Da gibt es doch Tiere
die sind uns vertrauter

etwa
die Haie.

Franz Hohler

Münchner Honeymoon

Himmel, hat der Halbmond
einen Ständer! Die Sterne
reihen sich in Scharen
an seinen gelben Schwanz.

Ich glaub, heut hat der
Sommer Schnaps gesoffen.
Die heiße Nacht nimmt mich
von hinten voll und ganz.

Barbara Maria Kloos

Ich mache weiter
Ich mache die Fehler alle noch einmal
Ich werde wieder vom Himmel in die Hölle wandern
Vor einem Mund
Vor einem Lächeln in die Knie gehn
Dieselben Worte stammeln
Und einer andren Treue schwören
Ich machs wieder
Ich mache die Fehler alle noch einmal

Stefan Sulke

Einladung zu einer Tasse Jasmintee

Treten Sie ein, legen Sie Ihre
Traurigkeit ab, hier
dürfen Sie schweigen.

Reiner Kunze

Hände weg, du Arschloch!

Sie hat die schönsten Dinger
und wenn ich draufschaue, weiß ich,
was los ist. Ihre Gefühlsskala reicht
von nichts bis zum dicksten Skipullover.
Ich habe ihr das nie gesagt,
sie würde ihn sofort ausziehen
und das bedeutet immer
„Hände weg, du Arschloch!“

Wolf Wondraschek

Das Glück ist eine leichte Dirne

Das Glück ist eine leichte Dirne,
Und weilt nicht gern am selben Ort;
Sie streicht das Haar dir von der Stirne
und küsst dich rasch und flattert fort.

Frau Unglück hat im Gegenteile
Dich liebefest ans Herz gedrückt;
Sie sagt, sie habe keine Eile,
Setzt sich zu dir ans Bett und strickt.

Heinrich Heine

Wie Recht er hat, der Heinrich!

Werkkreis
Literatur der Arbeitswelt

Ich stand
Am Band.

Wiglaf Droste

Economie du Gout

Der Koch hat sich
Ein Lob
Verdient.

Er weiß
Mit einfachen Mitteln
Zu enttäuschen.

Marco Tschipke

jetzt lege ich mich hin
weil ich schläfrig bin
und tu als ob ich schliefe
bis ich eingeschlafen bin

Ernst Jandl

Kompass

Als wir
aus der Kneipe torkeln,
ist es schon hell.

Ein schrecklich
blauer Himmel.

Als hätte er
die ganze Nacht
mit uns gesoffen.

Michael Augustin

Treye

Montenschin, um Montenschin,
dar dünck ick an Mareien.
Klopp ück an ir Fansturlin,
wüll se nur mall saihen.
Duch dar saih ück demm Karl-Hinzen
oppentruff op de Marei
ond ük gleup, er dutt se finzen!
Neimallz nücht sünd Vaibur trey.

Matthias Koeppel

DIESE SEKUNDE
als ich nach deiner Hand griff
bescheiden
Sichere Geste gewohnt
hast du sie übersehn
so viele Schritte auf Mondland
wie soll ich zurück

Gisela Steineckert

Und allein

Zwischen Tieren sind wir jetzt schon Fremde.
Zwischen Gräsern, zwischen Bäumen auch.
Freund ist uns der Erdgeruch der Moose.
Uns verwirrt der Wind. Des Regens Hauch.

Unsre Liebe ist zu Haus in Städten.
Ihre Landschaft lässt uns sorglos sein.
Zwischen ihren Lärmen und Gerüchen
fühlen wir uns sicher. Und allein.

Heinz Kahlau

Verlornes Jahr

Verlornes Jahr. Die große Zeit
In kleiner Münze hingestreut.
September unterm Spinnenhaar.
Bereift. Verweint. Verlornes Jahr.

Eva Strittmatter