Letzte Sätze :Und es war alles, alles gut
Thomas Lehr
Der letzte Satz, schreibt der Redakteur. "Mit freundlichen Grüßen." Wohl zu formelhaft. Ich schließe die Augen. "Mehr Licht?" oder "Schwester, ich fürchte die Ente ist voll." Der letzte geschriebene Satz ist aber gemeint, ein Kunstsatz selbstverständlich. Sofort fallen mir drei Sätze von James Joyce ein. Erstens der seiner Molly Bloom, die den "Ulysses" mit einem siebzigseitigen Satz beendet und diesen selbst mit einem wunderbaren: "ja ich will Ja." Zweitens das Ende von "Finnegan's Wake", das ich wohl nie auf dem natürlichem Weg (des linearen Lesens) erreichen werde: "A way a lone a last a loved a long the" (Einmal mit der schlichtesten Affirmation, einmal mit dem allerweltlichsten Allerweltsartikel endend, the, ohne Punkt). Drittens der großartige jahresendzeitliche Schluss vom fallenden Schnee in der Erzählung "Die Toten", der aber ebenso wenig gelten soll, weil er auf Englisch geschrieben ist und man ihn übersetzen müsste. Ach was, liebe polyglotten Facebook-Freunde: "His soul swooned slowly as he heard the snow falling faintly through the universe and faintly falling, like the descent of their last end, upon all the living and the dead."
Ein deutscher Endsatz soll es also sein. Ich wüsste einen hoffnungsvollen, nachgerade utopischen, wenn auch elliptischen, den noch dazu mehrere Autoren erfolgreich gleich lautend verwendet haben. Das kann ich nicht machen. Wird also nicht fortgesetzt. Doch es gibt tatsächlich einen Schlusssatz, den ich auswendig kann, womöglich weil er Relativitätstheorie-verdächtig ist oder zum Ausdruck bringt, dass die ganze Welt immer nur auf die Gelegenheit wartet, bei der sie komplett als Ganzes in ihrem raserischen Irrsinn über uns hinwegrauschen
kann: "In diesem Augenblick ging über die Brücke ein geradezu unendlicher Verkehr."
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http://www.sueddeutsche.de/kultur/letzte...esgut-1.3809059
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