Abends werden Bürgersteige müde
Abends werden Bürgersteige müde,
wie geräumte Flure sehen sie dann aus.
Vor dem Silo ein Patrizierhaus,
und das Denkmal prunkt in großer Attitüde.
Shopping-Center machen Tageskasse,
Abendkleider, die in Taxen drängeln,
gleichen Leihgaben von Stummfilmengeln,
steif bemüht um manierierte Klasse.
Eine alte Frau sieht man schon gähnen,
eine Tageszeitung gleitet auf den Boden.
Jemand von den Yuppies geht in Loden
auf die Tram zu, Kaviar in den Zähnen.
Juweliere räumen ihre Fenster,
eine Schließe träumt allein auf blauem Samt.
Ein Passant will noch zum Hauptpostamt,
in den Kammerspielen proben sie „Gespenster“.
Nur der gute Mond ist noch der alte,
so als wäre er nie weggewesen.
Er wird in den Straßenzeilen lesen
wie in einer neuentdeckten Falte.
Miriam Francis
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