Bundeswehr plante Chemiewaffen-Einsatz
In den 1960er Jahren versuchte die Bundesregierung, an Giftgas zu gelangen, um auf einen möglichen sowjetischen Angriff zu reagieren. Einst geheime Akten offenbaren ein apokalyptisches Szenario.
Von Joachim Käppner
Das Militärische Tagebuch des Ministers bietet einen Einblick in eine beklemmende Zeit. 1964 bis 1966 lässt Kai-Uwe von Hassel (CDU), als Verteidigungsminister seit 1963 Nachfolger von Franz Josef Strauß, darin die Gespräche festhalten, warum so viele Starfighter abstürzen; auch die Strategiebesprechungen, auf denen viele ganz ernsthaft den Einsatz taktischer Atomwaffen im Falle eines Angriffs des Warschauer Paktes erörtern. Anders als Strauß ist Hassel ein besonnener Konservativer, so spricht er sich in der CDU energisch dagegen aus, die Naziverbrechen verjähren zu lassen.
Und doch fällt auch in seine Amtszeit ein Vorgang, der im halb offiziösen Militärischen Tagebuch fehlt: der Versuch der Bundeswehr, sich Chemiewaffen zu verschaffen - ein Tabu. Zwar hatte sich die Bundesrepublik verpflichtet, keine atomaren, biologischen oder chemischen Waffen herzustellen oder einzusetzen. Schon 1961 aber, noch unter Strauß, forderte die Bundesrepublik in Geheimsitzungen der Nato, nicht nur die USA sollten die Fähigkeit zur Abschreckung und Vergeltung mit C-Waffen haben.
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