Genug ist nicht genug
Daß der Himmel heut so hoch steht,
kann doch wirklich kein Versehen sein.
Und es ist bestimmt kein Zufall,
daß die Lichter sich vom Dunst befrein.
Ich sitz regungslos am Fenster,
ein paar Marktfraun fangen sich ein Lächeln ein.
Irgendwo da draußen pulst es,
und ich hab es satt, ein Abziehbild zu sein.
Nichts wie runter auf die Straße,
und dann renn ich jungen Hunden hinterher.
An den Häusern klebt der Sommer,
und die U-Bahnschächte atmen schwer.
Dieser Stadt schwillt schon der Bauch,
und ich bin zum großen Knall bereit.
Auf den Häusern hockt ein satter Gott
und predigt von Genügsamkeit.
Genug ist nicht genug,
ich laß mich nicht belügen.
Schon Schweigen ist Betrug,
genug kann nie genügen.
Viel zu lange rumgesessen,
überm Boden dampft bereits das Licht.
Jetzt muß endlich was passieren,
weil sonst irgendwas in mir zerbricht.
Dieser Kitzel auf der Zunge,
selbst das Abflußwasser schmeckt nach Wein.
Jetzt noch mal den Mund geleckt,
und dann tauch ich ins Gewühl hinein.
Komm, wir brechen morgen aus,
und dann stellen wir uns gegen den Wind.
Nur die Götter gehn zugrunde,
wenn wir endlich gottlos sind.
Auf den ersten Rängen preist man
dienstbeflissen und wie immer die Moral.
Doch mein Ego ist mir heilig,
und ihr Wohlergehen ist mir sehr egal.
Genug ist nicht genug,
ich laß mich nicht belügen.
Schon Schweigen ist Betrug,
genug kann nie genügen.
Constantin Wecker
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