Thomas Sautner: Großmutters berauschender Garten
Eine Oma, die Hanf anbaut: Darum dreht sich der neue Roman von Thomas Sautner. "Großmutters Haus" spielt mitten im Wald Großmutters Haus lag mitten im Wald. Gleich einer einsamen Wolke am weiten Himmel. Die Wiese ums Haus war aufgerissen von den Hauern der Wildschweine, der Komposthaufen durchzogen von den Gängen der Wühlmäuse und der Hochstand am Rand der Lichtung vermorschte, seit Großmutter ihn eigenhändig umgesägt hatte. Der Jäger mit seinem Geballere war ihr auf die Nerven gegangen. Das Forsthaus, an dessen sonniger Vorderseite ein Kräuter- und Blumengarten angelegt war, gehörte nicht ihr. Doch Großmutter residierte geradezu kunstvoll darin und verfuhr mit dem Grafen, dem es gehörte, zuweilen hemdsärmelig, zuweilen damenhaft keck und jedenfalls in einer Art, als könnte der Graf von Glück reden, dass es ihm überhaupt gestattet war, sie zu besuchen ab und zu. Großmutter war vielseitig und wandlungsfähig. Wenn sie von einem ihrer Rundgänge aus dem Wald heimkehrte, dreckverschmiert und in geflicktem Zeug, wirkte sie mitunter wie eine Hexe, deren undurchsichtiger Blick es ratsam erscheinen ließ, ihr auszuweichen. Am selben Nachmittag jedoch konnte sie im eleganten Kleid auf der Veranda erscheinen, mit makelloser Frisur, einnehmendem Augenaufschlag und Lippen, so tiefrot wie Kirschen an einem vielversprechenden Sommerabend.
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