Warum unser Deutsch immer mäßiger wird
Seit mehr als fünf Jahrzehnten prangern Sprachpfleger Wörter wie „ernährungsmäßig“ oder „rockstarmäßig“ als eine Pest an. Dabei sind sie nützlich und alternativlos, weist eine Germanistin jetzt nach.
Kulturpessimismusmäßig ist die Wortbildungssilbe -mäßig ein Dauerbrenner der Sprachkritik. Seit den Sechzigerjahren ist sie erregungsmäßig ganz oben angesiedelt, wenn irgendwo über den Niedergang des Deutschen oder auch nur über den stilmäßig schludrigen Umgang mit unserer Muttersprache gegrantelt wird.
Zwar ist das Suffix in Ausdrücken wie regelmäßig, ebenmäßig und generalstabsmäßig schon seit alten Zeiten ein etablierter Bestandteil der deutschen Wortbildungsmöglichkeiten. Doch als verstörend wurde, wie so oft, das massenhafte Aufkommen neuer Formen empfunden: Karl Korn beschrieb 1958 die mäßig-Wörter in seinem Bestseller „Sprache in der verwalteten Welt“ als typisches Element bürokratisch-menschenfeindlicher Sprache. Und auch Gerhard Storz, einer der Autoren des sprichwörtlichen Werks „Aus dem Wörterbuch des Unmenschen“ über NS-Wortschatz, prangerte sie 1962 als Verfallserscheinung der deutschen Sprache an. Der Unterschied zwischen Korn und Storz war: Korn hielt die mäßig-Sager für bösartig und verschlagen, Storz hielt sie für dumm und glaubte naturgemäß, sie verwechselten mäßig mit gemäß.
1963 bestätigte der Germanist Wilfried Seibicke, was schon Korn vermutet hatte: Wörter auf -mäßig wurden anfangs auffällig häufig von Sprachreinigern verwendet, die mit ihren Neubildungen unerwünschte aus dem Ausland importierte Wörter ersetzen wollten. Sie schossen damit aber der geliebten deutschen Sprache unabsichtlich ins Knie.
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https://www.welt.de/kultur/article194469...siger-wird.html
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