Springers Kampf für die Vermögenden – Manipulation im Reinformat
Die SPD bekennt sich zur Wiedereinführung der Vermögensteuer und Springers WELT bläst zur Gegenkampagne. Kristina Schröder und Ulf Poschardt erklären den Lesern dabei in einem Atemzug, warum es in Deutschland gar keine Ungleichheit gibt, diese nicht vorhandene Ungleichheit aber doch eigentlich etwas Positives und das Ergebnis einer freien und erfolgreichen Gesellschaft sei. Doch diese beiden Perlen der Meinungsmache sind nur die Spitze des Eisbergs einer in weiten Teilen hoch manipulativen Debatte. Von Jens Berger.
Dass die wirtschaftsliberalen Medien nicht viel von einer stärkeren Besteuerung höherer Einkommen und Vermögen halten, ist nicht neu. Die Speerspitze der „Besitzstandswahrer“ im deutschen Medienbetrieb ist dabei seit geraumer Zeit die WELT aus dem Hause Springer. Kennzeichnend für deren einschlägige Artikel sind Verdrehungen und Manipulationen, mit denen Befürworter einer Vermögensbesteuerung das Wasser abgegraben werden soll. In fast allen Artikeln zum Thema tauchen dabei vier Elemente der Manipulation auf:
1. Wenn es um Vermögen geht, wird plötzlich nur noch vom Einkommen gesprochen.
2. Es wird mit ungeeignetem Zahlenmaterial gearbeitet.
3. Die Zusammenhänge werden verschleiert.
4. Wenn die Argumente ausgehen, wechselt man in die moralische Kategorie.
Der jüngste Meinungsbeitrag der WELT gegen eine Vermögensbesteuerung stammt von Kristina Schröder, die den meisten Lesern sicher besser unter ihrem Geburtsnamen Kristina Köhler bekannt ist. Schröder saß früher für die CDU im Bundestag, war zeitweise Bundesfamilienministerin und ist seit ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik im zarten Alter von 30 Jahren als Kolumnistin für die WELT tätig. Ihre Kolumnen glänzen dabei vor allem durch die intellektuelle Schlichtheit der Autorin. Um so erstaunlicher ist es, dass sie sich in ihrer aktuellen Kolumne mit dem vielsagenden Titel „Reiche sind nicht reich, weil Arme arm sind“ ausgerechnet an einem bekannten Zitat von Bertolt Brecht zum Thema Ungleichheit abzuarbeiten versucht.
„Reicher Mann und armer Mann standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“
– Bertolt Brecht
„Es ist der alte Vorwurf von Bert Brecht, der Reiche habe sein Geld dem Armen weggenommen, zumindest könne der Arme deswegen nicht darüber verfügen, weil es der Reiche besitze. […] Es gibt eine feste Menge an Gütern, an Wohlstand. Und die Armen sind deshalb arm, weil die Reichen reich sind. Dieser Glaube, Wirtschaft sei ein Nullsummenspiel, ist intuitiv eingängig, aber ökonomisch ziemlicher Unsinn.“
– Kristina Schröder
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