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Öffentlich-rechtlicher Kampagnenjournalismus zur besten Sendezeit

#1 von Sirius , 17.03.2020 17:40

„Krankenhäuser schließen – Leben retten?“ – Öffentlich-rechtlicher Kampagnenjournalismus zur besten Sendezeit

Die Bertelsmann Stiftung ist dafür bekannt, unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Objektivität Studien zu erstellen, die stets zu dem Ergebnis kommen, dass staatliche oder öffentliche Aufgaben im Sinne der Allgemeinheit privatisiert werden sollten. So kann es auch nicht wirklich verwundern, dass eine aktuelle Studie dieser Stiftung mit fragwürdigen Mitteln den radikalen Abbau meist öffentlicher Kliniken empfiehlt. Nur 600 der heute 1.600 Krankenhäuser sollen diesen Kahlschlag überleben. Eine steile These, die man kritisch hinterfragen müsste. Bemerkenswert ist jedoch, dass die ARD die Veröffentlichung der Studie mit einer unglaublich einseitigen „Dokumentation“ begleitet, die dann auch noch zur besten Sendezeit um 20.15 ausgestrahlt wird. Das ist Kampagnenjournalismus in seiner schlimmsten Form. Von Jens Berger.

Für ihre aktuelle Krankenhausstudie hat das IGES Institut im Auftrag der Bertelsmann Stiftung alle Register gezogen, um mit vermeintlich neutralen Berechnungen zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Dies fängt bereits beim Untersuchungsraum an. So haben die Macher der Studie die Konzentration und Zentralisierung der Krankenhauslandschaft am konkreten Beispiel der Metropolregion Köln-Leverkusen untersucht – einer Region mit 2,2 Millionen Einwohnern, von denen jedoch die Hälfte in der Stadt Köln lebt und in der es keinen nennenswerten „ländlichen Raum“ gibt, in dem die Entfernung zur nächsten größeren Stadt problematisch ist. So sind natürlich auch die „Zielmodelle“ für die Erreichbarkeit der Kliniken einzuhalten. Im ländlichen Raum der großen Flächenländer sind diese Vorgaben jedoch bereits heute in der Praxis kaum einzuhalten und es ist auch nicht ersichtlich, wie man eine flächendeckende Grundversorgung gewährleisten will, wenn man in der Fläche das Versorgungsnetz ausdünnt.

Die zeitliche und räumliche Entfernung ist jedoch beileibe nicht „nur“ eine medizinische, sondern auch eine soziale Frage. Schließlich entfällt der Großteil der Krankenhausaufenthalte ja nicht auf hochspezialisierte Behandlungsfälle, die von der Bertelsmann Stiftung gerne thematisiert werden, sondern auf geriatrische Behandlungsfälle, die vor allem im ländlichen Raum mit seinem hohen Altersdurchschnitt von zentraler Bedeutung sind. Wie stellen sich die Macher der Studie eigentlich konkret vor, wie Angehörige von geriatrischen oder gar gerontopsychiatrischen Patienten regelmäßige Besuche organisieren sollen, wenn das nächste Krankenhaus mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Tagesreise entfernt ist? Anstatt solche „Regelfälle“ auch nur zu erörtern, fokussiert man sich auf sehr spezielle Eingriffe, die jedoch quantitativ gar keine nennenswerte Rolle spielen und lässt dabei die soziale und die sozioökonomische Komponente komplett unter den Tisch fallen.

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Sirius
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