Mittelschicht in der Coronakrise
Heult leise!
Das Coronavirus trifft viele Menschen hart, doch es jammern vor allem die, die eigentlich wenig Grund dazu haben. Eine Beschwerde über die neue Homeoffice-Elite.
Vor ein paar Tagen sprach ich am Telefon mit einem Freund, der allein lebt und gerade im Homeoffice arbeitet. "Wie geht's dir?", fragte ich.
"Ganz okay", sagte der Freund. Aber die Einsamkeit gehe ihm auf die Nerven. Die Kontaktarmut. Er fühle sich zurzeit wie eingesperrt. Wie im Gefängnis.
Ich habe ihm dann Mut zugesprochen, Trost. Aber wenn ich ehrlich sein soll, dachte ich auch: Gefängnis, echt? Dein Gehalt läuft weiter, obwohl du coronabedingt gerade weniger arbeitest. Du sitzt in einer sehr komfortablen Wohnung, du hast viel Tagesfreizeit und keinerlei existenzielle Sorgen. Gut, die Langeweile. Aber du fühlst dich, nach zwei Wochen Ausgangsbeschränkung: wie im Gefängnis?
Anscheinend verlieren wir in der Krise gerade ein bisschen die Relation. Das Gefühl für das eigene, sehr privilegierte Leben. "Wir" - das sind all die fest angestellten, gut abgesicherten, deutschen Mittelschichtmenschen. Eine Art neue Homeoffice-Elite, zu der auch viele Journalisten gehören und der es gerade an wenig bis gar nichts fehlt, außer dass wir zu Hause sitzen müssen. In unserem warmen Homeoffice, von dem wir vor Corona gern geträumt haben. "Ich arbeite freitags im Homeoffice" - das war eben noch ein Satz von großer Schönheit. Jetzt jammern wir gern.
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https://www.spiegel.de/gesundheit/psycho...99-955560dd83b2
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