Corona-Pandemie
Soziologe: Solidarität verändert keine Strukturen
Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer beobachtet in der Coronakrise viel Gesellschaftsromantik. Die Hoffnung, dass Solidarität zu weitreichenden Neuentwicklungen in der gesamten Gesellschaft führe, sei aber naiv und problematisch, sagte er im Dlf. In einem kapitalistischen Staat sei das kaum möglich.
93 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger befürworten die derzeitigen Kontaktbeschränkungen. Das ist das Ergebnis des letzte Woche veröffentlichten ARD-Deutschlandtrends. Wir verzichten derzeit auf zahlreiche Grundrechte und das einigermaßen bereitwillig. Solche Eingriffe hätten immer einen autoritären Beiklang, sagt der Soziologe Wilhelm Heitmeyer im Dlf. Man müsse nun aber aufpassen, „wenn das immer weiter ausgeweitet wird, dass wir dann durchaus in die Nähe eines Überwachungsstaates kommen, und das wird dann gefährlich.“ Denn Institutionen, politische oder ministeriale Institutionen hätten kein Gedächtnis. „Das heißt, es dient jetzt zunächst mal zur Machtausweitung, und da muss man aufpassen, dass sich das nicht verfestigt.“ Das sei der entscheidende Punkt.
Mit Blick auf die Gesellschaft sieht Heimeyer keine Hoffnung, dass sich nach Corona alles zum Positiven ändere. „Das kann ich nicht erkennen. Denn wir leben letztlich in einem kapitalistischen Staat und da ist es ja so, dass der Finanzkapitalismus kein besonderes Interesse an gesellschaftlicher Integration hat, sondern da geht es um die Kriterien von Nützlichkeit, Verwertbarkeit, Effizienz.“ Da müsse man aufpassen, dass das jetzt nicht auch auf Menschen zunehmend angewandt wird“
Auch sieht Heitmeyer die Gefahr der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.“ Das werde derzeit durch die Pandemie überdeckt. „Aber es ist alles vorhanden und wird, wenn mich nicht alles täuscht, danach wieder aufbrechen und die Rechtsextremen beziehungsweise die autoritären Nationalradikalisten werden dieses auszunutzen versuchen.“
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