Willkommen im Dschungel
Ihnen widerfuhr Schlimmes. Traumatisches geradewegs. Wen? Den Bundestagsabgeordneten! Sie wurden beschimpft. Von Eindringlingen, die man auch Bürgerinnen und Bürger nennen könnte. So habt doch Mitleid mit den MdBs!
Aufgelauert hat man ihnen. Beschimpft wurden sie. Fotographiert und unter Druck gesetzt. Kurz gesagt: Man hat sie fertig gemacht. Betroffene Bundesabgeordnete erzählten ausgiebig davon. Sie gingen schließlich für einen kurzen Augenblick durch die Hölle. Diese armen Kreaturen von Wählers Gnaden. Hat sie die AfD doch tatsächlich mit Wählerinnen und Wählern konfrontiert. Mit Wählerinnen und Wählern, die nicht gut drauf waren, wie eben jene Exemplare, die in ihren Ortkreisverbänden reinschauen oder am Stand in der Fußgängerzone einen Flyer einheimsen. Nein, sie machten Bekanntschaft mit Wutwählerinnen und Wutwählern. Das kann man den MdBs einfach nicht zumuten.
Nicht doch, natürlich war das ein kleines Schurkenstück der AfD. Die Leute hätten dort keinen Zutritt erhalten dürfen. Andererseits ist das nun auch nicht die größte Katastrophe im Hohen Haus. Ein Einfall in einem sterilen Operationssaal wäre sicherlich als viel schlimmer zu werten. Das Eindringen in das Haus jener, die wir mit Mandaten ausstatten, ist dagegen Kinderkram – die dortige Sterilität ist ja auch icht medizinisch bedingt, sondern ergibt sich aus charismatischen und charakterlichen Ursachen. Eigentlich doch auch mal ganz nett, wenn der Alltag Einzug in den Bundestag erhält.
Der Bundesalltag ist nämlich ein klein wenig so, wie die schlimmen Erfahrungen der Abgeordneten letzte Woche. Ob nun Kassiererin oder Pflegekraft, ob Zugbegleiter oder Empfangsdame, ob Polizist oder Servicekraft: Beschimpfungen erleben sie fast täglich. Sie werden unter Druck gesetzt und angetrieben. Weibliche Pflegekräfte werden nicht selten betatscht, Zugbegleiter am Kragen gepackt. Viel darüber klagen hilft nicht. Es interessiert am Ende nämlich niemanden. Die Leute sollen ihren Job machen und sich nicht ungerecht behandelt wähnen. Und wer zuviel klagt, wer zu zart besaitet ist, riskiert eher seinen Job als ein Hilfsangebot.
Das Leben in diesem Deutschland, in dem jene gut und gerne leben, die sich aus der Masse herausnehmen können, im vulgären Volksmund auch »Reiche« genannt, ist ein gefährlicher Dschungel. Den Hatern im Internet widmet man ganze Gesetzestexte. Denen in der realen Welt allerdings nicht. Da haben sie oftmals nicht mal Repressionen zu fürchten. Wer die Servicekraft anschreit, bei dem wird sich im Regelfall entschuldigt. Die Bedienung steigt aber nicht auf ein Potest und erzählt der Republik, wie sie leiden musste. Sie trägt es wie eine Frau, wie ein Mann – je nachdem.
Weiterlesen:
https://www.neulandrebellen.de/2020/11/w...dschungel-mdbs/
Anmerkung JK: Was steht eigentlich über dem Reichstagportal: Dem deutschen Volke. Allerdings betrachten es die sogenannten Volksvertreter als Weltuntergang, wenn sie einmal mit eben diesem direkt konfrontiert werden.
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