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RE: Ein kleiner Jesus wäre gerade sehr willkommen

#1 von Sirius , 12.09.2019 19:12

Ein kleiner Jesus wäre gerade sehr willkommen

Es gibt Leute, denen klebt das Pech an den Füssen. Und dann gibt es jene, die es noch nicht einmal merken. Anna Weidenholzer hält sie unter das Vergrösserungsglas ihrer Prosa.
Es ist nicht leicht, Jesus zu sein, wenn es noch zwei andere Jesusse gibt. 1959 startete der polnisch-amerikanische Psychologe Milton Rokeach an der Klinik von Ypsilanti in Michigan ein Experiment mit drei Patienten, die alle meinten, Jesus zu sein. Er quartierte die Männer in ein gemeinsames Zimmer ein, um zu beobachten, wie sich das auf ihr Selbstbild auswirkt. Die Ergebnisse waren ernüchternd.

Man unterstellte sich gegenseitig, aus reinen Prestigegründen Jesus sein zu wollen, und wusste von den jeweils anderen, dass sie schon deshalb nicht Jesus sein können, weil sie in der Psychiatrie gelandet waren. Da die drei Herren sich auch nach Jahren nicht einigen konnten, wer von ihnen der wahre Jesus ist, wurde das Experiment abgebrochen.

So ist das mit der Eigen- und der Fremdwahrnehmung. Die Psychiatrie ist nur das Vergrösserungsglas für soziale Diskrepanzen, wie sie die Österreicherin Anna Weidenholzer in ihrem neuen Roman beschreibt. In «Finde einem Schwan ein Boot» wird auch die parabelhafte Geschichte mit den Jesussen zitiert, aber es geht insgesamt sehr viel profaner zu. Der Roman erzählt von den parallelen Gefühlswelten namens Mann und Frau, die sich in der Unendlichkeit des Alltags niemals wirklich treffen können.
In Einkaufszentren und vor Schrankwänden zerbirst ein Glück, das ohnehin niemals hoch veranschlagt war. Peter und Elisabeth, Heinz und Karla wohnen in einer Siedlung, in der jeder jeden kennt. Hier gibt es zudem auch noch einige Sidekicks der Schrulligkeit. Herr Fleck, der in ungewaschener Unterwäsche auf dem Fernsehsessel sitzt und ein Journal über alle Schauspieler führt, die er jemals in Filmen gesehen hat. Frau Richter, die Allwissende des Wohnblocks. Maria vom Café Maria. Und Magda, die Schwester von Peter, die es mit den Vögeln hat und vor allem mit der Geschichte von dem Schwan, der sich in ein schwanförmiges Tretboot verliebt.

Weiterlesen:

https://www.nzz.ch/feuilleton/anna-weide...sser-ld.1505331


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