Monika Helfer: Vati
Ein letztes wunderbares Geschenk: Monika Helfer verwandelt das Leben ihres Vaters literarisch
Die 1947 in Au/Bregenzerwald geborene Schriftstellerin Monika Helfer knüpft mit ihrem aktuellen Roman Vati an die erst im vergangenen Jahr erschienene und gleich als Bestseller durchgestartete Erinnerungserzählung Die Bagage an. Erzählt wird darin die Geschichte der Großeltern und der Mutter während der Zeit des Ersten Weltkriegs im Bregenzer Wald. Die literarische Spurensuche in Vati widmet sich hingegen der familiären Herkunft über die Wege (und Umwege) der eigenen Erinnerung und fokussiert sich auf die Figur des Vaters, Josef Helfer. Dessen Lebensgeschichte von seiner Kindheit bis zum Tod im Alter von nur 67 Jahren bildet den Erzählfaden des Romans.
„Auf der Fotografie, die ich über meinem Schreibtisch an die Wand geheftet habe, steht er links, abseits. Er sieht aus, als gehöre er nicht dazu. […] Niemand würde vermuten, der links auf der Seite ist unser Vater. Er sieht aus wie ein Städter, der dazugetreten ist. Zu dem einer gesagt hat: Komm, stell dich mit her!“ Dieses Bild, das den Vater in der Außenseiterposition zeigt, wird zum Ausgangspunkt des literarischen Aufarbeitens seines Lebens. Es bietet den Anlass für ein Gespräch zwischen der Erzählerin und ihrer Stiefmutter und regt – was in erinnerungsliterarischen Texten nicht selten zu beobachten ist – zu Fragen an, die das ‚Wesen‘ der (analogen) Fotografie berühren.
In gewisser Weise steht diese Fotografie von Beginn an im Zentrum des Romans; das Erzählen, das sich dem historischen Moment der Aufnahme immer weiter annähert, dringt zugleich immer tiefer zum Verständnis des Bildes – und damit der Lebensumstände und des ‚Wesens‘ des Vaters – vor. Am Ende steht eben dieses Bild als Chiffre für einen der schicksalhaften Wendepunkte im Leben des Vaters.
Der Mann, der sich von seinen Kindern mit „Vati“ ansprechen lässt, weil es so „modern“ klingt, will so gar nicht in seine Rolle als ‚moderner‘ Familienvater passen. Und dennoch wollte er „vor uns und durch uns einen Mann erfinden, der in die neue Zeit hineinpasste.“ Aufgewachsen in den ärmlichsten bäuerlichen Verhältnissen, als unehelicher Sohn einer Magd, bringt er sich mehr oder minder selbst das Lesen bei.
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