Be water, my friend. Irgendjemand muss mir diesen Satz zugeraunt haben, als ich auf die Welt kam. Als Kleinkind wäre ich fast im Murrumbidgee – River ertrunken, doch es schien mir nichts ausgemacht zu haben. Jedenfalls liebe ich bis heute das Wasser. Als Durstlöscher, als Dusche, in der Badewanne, als See, Bach, Fluss oder Meer.
Es gibt Geschichten von mir, wie ich selig in einem Schwimmreif hing und mutterseelenallein durch ein riesiges Schwimmbad trieb. Wenn ich im Wasser war und bin, ist alles gut. Dann bin ich angekommen, denn Wasser ist meine Heimat. Vielleicht war ich in meinem Vorleben ein Delphin, einer dieser vergnügten Gesellen, die mit ihren Artgenossen spielen und deren Mütter mit nur einer Hirnhälfte schlafen, während die andere über ihre Babys wacht. Je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass es genauso gewesen sein muss.
Schwimmen lernte ich in einem Jugendstilbad in Steglitz mit einer hohen Kuppel und der verschnörkelten Ballustrade, von der aus man auf das Becken gucken konnte. Heute erinnert es mich an das Gellert Bad in Budapest, das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Damals brachte mir Herr Haack mit seinem Bambusstab mit dem Ring am Ende das Schwimmen bei, indem er ihn immer wieder wegzog, sobald ich ihn erreichte. Doch selbst das konnte mir die Freude an Bewegung im Wasser nicht vergällen. Am Ende der Stunde mussten wir laut brüllen: „Zicke, Zacke, hoi, hoi, hoi!“ Den Hall dieser Worte höre ich bis heute.
Be water, my friend, höre ich, wenn ich am Meer stehe und in die endlose Weite blicke, wenn mich das Rauschen hinausträgt zu den Sirenen, den Meerjungfrauen und den Geheimnissen zwischen Salzluft und Sand.
Be water, my friend – als ich diesen Satz von Bruce Lee das erste Mal hörte, war ich in Sekundenschnelle erfüllt von unfassbarem Glück. Be water, my friend, endlich gibt es Worte für mein Lebensgefühl, endlich schenkt mir jemand ein Bild für das, was ich spüre und empfinde. Fließen zu lassen, mich nicht den Stromschnellen entgegenzustellen, sondern darauf zu vertrauen, dass der Weg des Lebensflusses ein eigener ist, der sein ureigenes, vielleicht noch unbekanntes oder unbenanntes Ziel findet, auf den Wellen des Lebens zu reiten durch all die Meere dieser Welt, einzutauchen in unbekannte Tiefen, dort die Stille neu zu erleben, mit bunten Fischen zu schwimmen und aus der Ferne Haie zu betrachten, vom Schweben eines Rochens verzaubert zu werden und den Seepferdchen zuzunicken.
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So fließt jedes Erlebnis und jede Erinnerung ins Leben hinein und wird zu diesem.
Und die kleinen Dinge überdauern den Alltag und werden groß im Kopf und im Herzen.
Hab Dank für diese kleine und sehr feine Geschichte, liebes Frollein.
Sirius
Reset the World!
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Vielen Dank auch dir, lieber Sirius, dass du bereits seit so langer Zeit uns an unseren lyrischen Gestaden begleitest...
Liebe Grüße
Ännchen
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