Brandschutz in S-21-Tunneln: Bahnbrechend
Von Oliver Stenzel
Eine Simulation zum Rettungskonzept in Stuttgart-21-Tunneln wollte die Bahn AG nicht vorlegen. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim klargestellt, dass der Konzern zur aktiven Beschaffung und Offenlegung der Daten verpflichtet ist. Eine Entscheidung, die Relevanz weit über diesen Fall hinaus hat.
Wenn es um detaillierte Planungsunterlagen zu Stuttgart 21 geht, lässt sich die Bahn oft nur ungern in die Karten blicken. Manche erinnern sich vielleicht noch an die "Frankfurter Geheimkammer", in der – und eben nur dort – während der sogenannten Schlichtung im Herbst 2010 Projektkritiker Einblick in Dokumente zur Geologie bekommen konnten. Beim Thema Brandschutz und einem Evakuierungskonzept im rund 60 Kilometer langen S-21-Tunnelsystem verhielt sich die Bahn noch restriktiver. Was passiert etwa, wenn ein vollbesetzter ICE im knapp 9,5 Kilometer langen Fildertunnel liegen bleibt? Was, wenn er dabei auch noch brennt? Reichen die im Abstand von 500 Metern vorgesehenen Durchgänge in den Nachbartunnel und bleibt dieser sicher?
Alles kein Problem, versicherte unter anderem der frühere Bahn-Brandschutzbeauftragte Klaus-Jürgen Bieger immer wieder; eine Simulation hätte gezeigt, dass das Rettungskonzept ausreichend sicher sei, der andere Tunnel rauchfrei bleibe. Die Schweizer Beratungsfirma Gruner AG hat die Simulation erstellt – und die hütete die DB bislang wie ein Staatsgeheimnis. 2014 betonte Bieger etwa, "auf keinen Fall" wolle man die Simulation veröffentlichen (Kontext berichtete). Sich von dieser Geheimniskrämerei zu verabschieden, wurde die Bahn nun schon zum zweiten Mal vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim verdonnert.
Zunächst erstritt die projektkritische Gruppe "Ingenieure 22" in einem jahrelangen Verfahren, das bis vor den Verwaltungsgerichtshof führte, Einsicht in die Unterlagen. In einem Vergleich verpflichtete sich die Stuttgart-21-Projektgesellschaft (PSU) im Dezember 2019, dem Kläger Einblick in die Unterlagen zu gewähren. In zwei Terminen sichteten Mitglieder der Ingenieure 22 die Dokumente – und es zeigte sich, dass der Aufklärungsimpetus der Bahn begrenzt war: Den Kritikern wurde eben nicht die von der Gruner AG erstellte Simulation selbst vorgelegt, sondern nur Berichte über diese. Schon anhand von diesen wurde ersichtlich, dass die Bahn offenbar mit wenig realistischen, "manipulierten Best-Case-Szenarien" arbeite, so Ingenieure-22-Sprecher Wolfgang Jakubeit; die Evakuierungszeiten seien schöngerechnet.
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https://www.kontextwochenzeitung.de/deba...chend-7595.html
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