An meinen Sohn
Wo bist du? Ach, ich höre dich nicht mehr,
Die Kinderstimme, die mich nächtlich rief,
Wenn ich im Arm des Alptraums schlief,
Nun ist die Nacht so blind und leer.
Das Bergwerk hat wie Tuch den Schritt verschluckt,
Die öde Steppe deinen Ruf verweht,
Die Sümpfe fraßen dein Gebet,
Dein Herz am Stacheldrahte zuckt.
Wo flog dein Lachen hin, der Amselton,
Und deine Tränen ruhn in welchem Teich?
Dein Kleid, dem grauen Nebel gleich,
Verhüllt dich ganz, mein lieber Sohn.
Ich frage jede Stunde nach dir aus,
Die mit dem Ostwind kommt und weitergeht,
Doch stumm hört sie, was schweigend fleht,
Leer bleibt die Nacht, leer bleibt das Haus.
Wenn du noch lebst, von Hunger und von Not
Den Mund erfüllt wie vom erstickten Schrei,
Dir selbst nur ein Gewicht von Blei,
So ist es besser als der Tod.
Ist besser als das Nichts aus schwarzem Samt -
Ein neuer Atem hebe deine Brust,
O fühle, dass du kommen musst,
Du Leben, das von meinem stammt!
Oda Schaefer (1900)
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