Gerbrand Bakker: Der Sohn des Friseurs
Gerbrand Bakker hat sich in seinem Roman "Der Sohn des Friseurs" für einen leicht zu lesenden Tonfall entschieden. Der holländische Autor erzählt nicht alles. Im Kopf der Leserin treibt die Geschichte Blüten.
von Claudia Ingenhoven
Kurz nachdem der Mann erfuhr, dass seine Frau schwanger ist, hat er sich frühmorgens aus dem Haus geschlichen. Als sein Name später auf der Passagierliste einer abgestürzten KLM-Maschine auftauchte, konnte seine Frau das nicht glauben. Was hätte er auf den Kanaren gewollt? Irgendwann hat sie sich damit abgefunden, sie musste sich um Simon kümmern, den kleinen Sohn. Simon hält sich an seinen Großvater. Von ihm übernimmt er später den Frisiersalon in Amsterdam, den eigentlich sein Vater hätte bekommen sollen.
Ab und zu nimmt Simon mal einen Mann mit nach Hause, aber all zu viel Nähe hält er nicht aus. Täglich vier Kunden, das reicht für seine Ansprüche. Hauptsache, die Espresso-Maschine funktioniert. Seine Mutter findet ihn furchtbar langweilig. Sie betreut in der Schwimmhalle eine Gruppe geistig behinderter Jugendlicher. Als ihre Kollegin ausfällt, muss Simon einspringen. Seine Ruhe ist dahin. Einer der Jugendlichen erinnert ihn an den gutaussehenden Alexander Popow, früher sein Schwimmidol. Im Wasser klammert der Junge sich an Simon fest. Obwohl ihm die Umarmung unangenehm ist, bekommt er eine Erektion. Viel zu lange muss er noch an den Jungen denken, in seiner Fantasie ist alles möglich.
In Wirklichkeit geht das nicht, weshalb er sich beim letzten Mal geweigert hat, dem Jungen die Badehose anzuziehen. Er kam sich sehr erwachsen vor, als er diese Entscheidung traf, doch die Wahrheit ist, dass er nicht für sich hätte garantieren können.
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