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Ada ist ein Mädchen zwischen zwei Welten: Die Eltern der jungen Londonerin sind Migranten. Ihr Vater Kostas ist Grieche, seine verstorbene Frau Defne war Türkin. Die Liebenden fanden einst heimlich unter dem schützenden Dach eines Feigenbaums zueinander, überwanden ethnische und religiöse Gegensätze. In Elif Shafaks „Das Flüstern der Feigenbäume“ nimmt ein Baum Anteil am Schicksal der drei.
Kostas, der den Feigenbaum als Steckling nach Großbritannien schmuggelte und ihn hegt und pflegt, als sei er ein Mensch, kann den Tod seiner Frau nicht verwinden. Ada leidet unter der Sprachlosigkeit des Vaters. Keineswegs sprachlos oder „gewöhnlich“ ist die Feige, Ficus carica. Sie kann denken und fühlen. Als sich Kostas daranmacht, die Feige einzugraben, um sie vor dem Winter und dem nahenden Sturm „Hera“ zu schützen, entfaltet der Baum seine Erzählung: von einer geteilten Stadt, von Liebenden, von Besatzung und Krieg.
Die Feige ist eine Verbindung in die Vergangenheit, in der sie noch immer wurzelt – jedenfalls ein Teil von ihr. So gelingt ihr das Kunststück, mit sich identisch und doch nicht dieselbe zu sein. Elif Shafak schafft eine originelle Aktualisierung der Trope vom Migranten, der entwurzelt ist; sie erzählt von großen Gefühlen. Dass das märchenhafte Bäumchen und Shafaks Erzählung an der Grenze zum Kitsch schrammen, kann man daher verzeihen.
Elif Shafak: Das Flüstern der Feigenbäume. Aus d. Engl. v. Michaela Grabinger. Kein & Aber, 448 Seiten, 25 Euro.