Ungeimpft: „Ich bin jetzt eine von den Bösen“
„Wir lassen uns nicht gegeneinander aufhetzen, wir halten zusammen“: Unsere Autorin ist ungeimpft, ihre Schwester geimpft.
Wir haben unterschiedliche Ängste in diesen Zeiten, meine Schwester und ich. Sie hat Angst vor dem Virus, ich vor der Impfung. Meine Schwester ist inzwischen dreimal geimpft, ich keinmal. Im ersten Lockdown fühlen wir uns beide wie gelähmt. Ich bin entsetzt über die Härte der Maßnahmen. Ich denke, wenn ich jetzt alt wäre, wovor sollte ich mich mehr fürchten, vor dem Virus oder der Isolation? Beides kann töten. Meine Schwester hat große Angst, am Virus zu sterben. Sie ist sicher, dass sie eine Ansteckung nicht überleben wird. Sie kann nicht verstehen, warum ich diese Angst nicht habe. Wenn wir darüber sprechen, spüre ich eine Distanz zwischen uns. Klein, aber spürbar.
Ich besuche meine Schwester. Wir stehen unsicher voreinander. Wir sind beide ganz gesund. Ich sage: „Besser nicht umarmen, oder?“ Sie überlegt einen Moment und breitet dann ihre Arme aus. Wir halten uns fest. Einmal sagt meine Schwester: „Manchmal wünschte ich, das Virus würde mich endlich erwischen. Dann müsste ich mich nicht mehr die ganze Zeit fürchten. Dann wäre endlich Ruhe.“ Angst ist anstrengend. Angst macht müde. Und ich bekomme Angst um meine Schwester. Sie arbeitet in einer Berliner Arztpraxis, dort ist es immer überfüllt. Kein Homeoffice möglich. Zuerst eine Flut von Menschen, die sich testen lassen wollen. Dann zusätzlich eine Flut von Menschen, die sich impfen lassen wollen.
Meine Schwester ist sehr pflichtbewusst. Trotz ihrer Angst arbeitet sie immer weiter. Meine Schwester sagt: „Quarantäne fände ich nicht schlimm. Ich könnte mich mal ausruhen.“ Für mich ist Quarantäne eine schreckliche Vorstellung. Ich weiß nicht, wie ich das psychisch schaffen soll, eingesperrt zu sein.
Ich lese über die neuen Impfstoffe. Versuche, mich zu orientieren. „Die Impfstoffe sind sicher“, sagt Herr Spahn. Viele Menschen vertragen sie gut. Dann lese ich von einer Krankenschwester, die nach der Impfung mit AstraZeneca an Hirnvenenthrombose stirbt. Eine Psychologin wird von ihrer Mutter tot aufgefunden. „Das sind sehr seltene Fälle“, lese ich. Den entsprechenden Impfstoff sollen jetzt nur noch Ältere bekommen. (Anmerkung der Redaktion: Der Impfstoff von AstraZeneca wird nach Bekanntwerden dieser Nebenwirkungen nicht mehr an Menschen unter 60 Jahren geimpft.)
Weiterlesen:
https://www.berliner-zeitung.de/open-sou...oesen-li.198530
Reset the World!
Beiträge: | 27.113 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |