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Michel Houellebecq: "Vernichten"

#1 von Sirius , 12.01.2022 17:16

Michel Houellebecqs Roman "Vernichten": Selbstabschaffung von innen

Weniger provokant als früher legt der Autor einen Roman vor, der sich mit gesellschaftlichen Problemen 2027 befasst, vor allem aber von Liebe erzählt
Michel Houellebecq legt die Handlung seiner Romane gerne in der Zukunft. Das 2015 erschienene Unterwerfung, in dem Houellebecq einen muslimischen französischen Präsidenten imaginiert, der die Grande Nation zum Gottesstaat umbaut, spielt etwa 2022. So ist es, wie wir heute sehen, nicht gekommen. Aber darum geht es dem als Provokateur verschrienen Autor ja nicht. Er macht keine Zukunftsprognosen, sondern denkt Tendenzen seiner Gegenwart radikal weiter. Houellebecqs achter, heute erscheinender und mit 618 Seiten dickster Roman Vernichten spielt wieder in der näheren Zukunft. Er setzt Ende 2026 ein und zieht sich über ein Jahr.

Hauptfigur ist Paul Raison, persönlicher Berater des französischen Wirtschaftsministers Bruno Juge. Spät wird ihm aufgehen, dass sein Werdegang keinem hehreren Ziel folgte als dem Ehrgeiz, an Status zu gewinnen; trotzdem ist er nicht unsympathisch. Mit seiner Frau bewohnt er eine teure Maisonettewohnung an einem Park, die Bilanz der Ehe ist hingegen miserabel: Seit zehn Jahren haben er und Prudence nicht miteinander geschlafen, seit einem Jahr sind sie sich dank zweier Schlafzimmer nicht einmal mehr begegnet. Auch die Kühlschrankfächer sind getrennt. Prudence hat sich dem Veganismus und der Naturreligion Wicca zugewandt. Die Entfremdung endet, als Pauls Vater nach einem Blutgerinnsel ins Koma fällt. Das bietet Houellebecq Gelegenheit, den Pflegenotstand zu einem Kern des Buches zu machen. (Man hat vom Thema lebenswertes Leben zuletzt übrigens auch in Houellebecqs Essayband Ein bisschen schlechter gelesen.) Vom Eindruck der Endlichkeit gerührt, trifft sich das Paar jedenfalls wieder im Wohnzimmer, plaudert. Dann kann Paul Prudence wieder auf den Po greifen, ohne dass sie erstarrt.
Auch andere Beziehungen sind für den Autor interessant, etwa die von Pauls sehr religiöser Schwester Cécile zu deren arbeitslosem Mann oder die des kleinen Bruders Aurélien zu dessen egoistischer Frau, "einer Schlampe von Schwägerin". Besonders witzig: Sie hat als Samenspender für den gemeinsamen Sohn einen Schwarzen ausgesucht, damit klar ist, dass Aurélien nicht der Vater sein kann.

Weiterlesen:

https://www.derstandard.at/story/2000132...ffung-von-innen


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Sirius
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