Christoph Peters: Krähen im Park
Von Wolfgang Koeppens Werk inspiriert, entwickelte Christoph Peters die Idee, Koeppens berühmte "Romantrilogie des Scheiterns" aus den 50er-Jahren auf die Gegenwart zu übertragen. Nach "Der Sandkasten" liegt nun der zweite Teil vor.
von Joachim Dicks
Berlin, 9. November 2021. Die Bundestagswahl liegt fünf Wochen zurück. Professor Bernburger, der sozialdemokratische Stern am Corona-verwölkten Gesundheitshimmel, setzt einen Tweet ab: "Wir brauchen schnellstens 2G, damit die Impfquote steigt." Außerdem hat er Besuch von seinem Sohn Felix. Der hält seinen Vater für einen zwangsneurotischen Technokraten mit Ministerambitionen. Ein Schelm, wer da an Karl Lauterbach denkt! Ach, und dann ist da Urban Fischer, ein 42-jähriger, früher einmal erfolgreicher Schriftsteller, der aber seit Jahren nichts mehr veröffentlicht hat. Er bereitet sich auf ein Gespräch mit dem berühmten französischen Schriftsteller Bernard Entremont vor, der am Abend einen hoch dotierten Literaturpreis erhalten soll. Eine Schelmin, wer da an Michel Houellebecq denkt!
Urban trat auf die Straße. Er fragte sich, was es mit Bernard Entremont auf sich hatte. Viele Leute, die ansonsten in nahezu keiner Frage derselben Meinung waren, konnten sich auf Entremont als bedeutenden Schriftsteller einigen, der die Themen der Zeit auf den Punkt brachte, provokativ, aber auch ehrlich, ohne Sentimentalitäten, falsche Rücksichten. Ebenso viele, die genauso unterschiedlich dachten, hassten ihn abgrundtief, fanden, dass er in seinen Büchern einen widerlichen weißen männlichen Sexismus verherrlichte, den Ideen der Neuen Rechten einen pseudointellektuellen Anstrich gab.
Diese humoristischen Anspielungen auf Personen des öffentlichen Lebens hat Christoph Peters bereits in "Der Sandkasten" verwendet: "Ja, die Anklänge an reale politische Figuren sind da", gibt Peters zu. "Sie sind natürlich auch irgendwie mitgemeint und sie spielen damit - aber gleichzeitig ist es immer Fiktion."
Das muss ein Autor ja sagen. Aber für uns Leser ist dieses Vexierspiel zwischen real und fiktional ein großes Vergnügen. Durch die Anspielungen auf Koeppen bewegen wir uns dabei immer auf doppeltem Boden.
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