Seht! Wie hier ein tauber Tänzer schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
Seht! Sein ganzer armer Körper trägt
wohl ein dunkelrotes Wundenkleid.
Alle Körper werden hier so mager,
jeder Kuss wird bitter, wie die Mandeln
und man sieht, wie sich Jasager
einfach zu Maulhelden wandeln.
Seht! Der Kirche hartes Holz zersägt
unser träger Tischler Tutmirleid.
Seht! Wie hier der stumme Sänger schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
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Hallo Dilemmaemma,
wenn dies mein letzter Traum wäre, dann würede ich ihn nicht träumen wollen. Ein sehr trauriges Poem, wie ich finde und hoffentlich nur ein Traum.
Liebe Septembergrüße, Leo
Schreiben macht schön.
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Da sind einige starke Wortschöpfungen dabei:
Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1... das ist grandios. Ein starkes Bild für Verletzlichkeit.
Sein ganzer armer Körper trägt
wohl ein dunkelrotes Wundenkleid.
Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1
Wie hier ein tauber Tänzer schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1
und man sieht, wie sich Jasager
einfach zu Maulhelden wandeln.
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Danke für die beiden Kommentare, über die ich mich gefreut habe.
Ich habe den Gedanken, dass eigentlich niemand etwas sagt, und wenn mal was gesagt wird, steht man nicht zu seinem Wort, wichtig gefunden. So war die Stimmung meines letzten Traumes. Das Gefühl, dass man sich nicht auf andere verlassen kann, passt zu der Stadt der Einsamkeit.
Der Kapitalismus ist wirklich für mich ein Thema. Ich war neulich bei der Post, und die Dame war so unfreundlich, wie früher die Köchin in der Kantine in der Schule. „Der Nächste bitte!“. Ich muss arbeitsbedingt oft zur Post und bin mir aber sicher, dass ihr nicht bewusst ist, dass wir uns oft sehen. Ich denke mir, wir sind doch alle von dieser schlimmen Zeit genervt, wo es Krieg, Pandemie und Inflation gibt, genervt. Da könnte man doch einander mit ein wenig Freundlichkeit beistehen.
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Leicht anklagende Zeilen - die auf eine ausreichende Lebenserfahrung schließen lassen.
Ein etwas bitterer Nachgeschmack bleibt zurück - aber so schmeckt das Leben in dieser schnellen Zeit ...
Deinen letzten Kommentar kann ich gut nachvollziehen.
Wünsch dir einen guten Abend
Jonny
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Zitat von weegee im Beitrag #3
Da sind einige starke Wortschöpfungen dabei:Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1... das ist grandios. Ein starkes Bild für Verletzlichkeit.
Sein ganzer armer Körper trägt
wohl ein dunkelrotes Wundenkleid.
auch:Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1
Wie hier ein tauber Tänzer schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
Sehr gelungen sind auch die Einstiege mit SEHT!
Der zweite Vers fällt dann allerdings ab bei:Zitat von Dilemmaemma im Beitrag #1
und man sieht, wie sich Jasager
einfach zu Maulhelden wandeln.
... das passt stilistisch nicht zu dem besonderen Stil des restlichen Gedichts, ist dann doch zu sehr alltagssprachlich. MAGER und JASAGER --- das klingt für meine Ohren ein wenig schief.
Du hast oft ein Sujet, das auch mich immer wieder umtreibt: die Einsamkeit, Isoliertheit, Vereinzelung des Individuums (im vorangaloppierende Kapitalismus.)
LG, Jörn
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Hmmmm.... nee, ich bleib bei meiner bescheidenen Meinung.
Aber meine Güte, seh ich richtig: 100 Zugriffe!!!
LG, Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Danke! Aber mich beschäftigt das Ganze weiterhin. Kannst du mir bitte helfen? Was würdest du verändern? Ich würde mich echt freuen, wenn wir noch einmal darüber zusammen nachdenken könnten. Das das alltagssprachlich klingt, verstehe ich, aber das Jaasager Maulhelden sind, finde ich irgendwie spannend, weil es anfangs so positiv klingt, JA zu sagen…
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Wie wäre es mit...
und man sieht, wie sich Gesichtslose
zu Maskenträgern wandeln.
?????
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Die Idee gefällt mir sehr! Hab gerade gedacht, dass sich Rosen auf „die Gesichtslosen“ reimt und weil ich nicht zweimal Rot schreiben will, überlege ich, aus „dunkelrot“ „dunkelbunt“ zu machen. „Bunt“ würde sich bedeuten, dass die Wunden ein unterschiedliches Alter haben. Das würde das Ganze bedeutungsvoller machen.
LETZTER TRAUM
Seht! Wie hier ein tauber Tänzer schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
Seht! Sein ganzer armer Körper trägt
wohl ein dunkelbuntes Wundenkleid.
Keine Lippen werden rot, wie die Rosen,
jeder Kuss wird bitter, wie die Mandeln
und man sieht, wie sich die Gesichtslosen
einfach zu Maskenträgern wandeln.
Seht! Der kleinen Kirche Holz zersägt
unser träger Tischler Tutmirleid.
Seht! Wie hier der stumme Sänger schläft
in der großen Stadt der Einsamkeit.
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DUNKELBUNT ist ganz wunderbar! Du kannst es!
LG, Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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